„Min Dît – Die Kinder von Diyarbakir“: Bewegendes Plädoyer

Min Dît - Die Kinder von Diyarbakir
Min Dît - Die Kinder von Diyarbakir Foto: Verleih

Die 10-jährige Gulistan lebt mit ihren Eltern und dem jüngeren Bruder Firat in der überwiegend von Kurden bewohnten Stadt Diyarbakir im Osten der Türkei. Eines Tages, die Familie befindet sich auf dem Rückweg von einer Hochzeit, geschieht das Unvorstellbare. Die Eltern werden von türkischen Paramilitärs ermordet. Von dieser Nacht an müssen die beiden Waisen ihr Leben fast ganz allein meistern – eine schier unmögliche Aufgabe, bei der sie aber einen Lebensmut entwickeln, zu dem wohl nur Kinder fähig sind.

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Die 10-jährige Gulistan lebt mit ihren Eltern und dem jüngeren Bruder Firat in der überwiegend von Kurden bewohnten Stadt Diyarbakir im Osten der Türkei. Eines Tages, die Familie befindet sich auf dem Rückweg von einer Hochzeit, geschieht das Unvorstellbare. Die Eltern werden von türkischen Paramilitärs ermordet. Von dieser Nacht an müssen die beiden Waisen ihr Leben fast ganz allein meistern – eine schier unmögliche Aufgabe, bei der sie aber einen Lebensmut entwickeln, zu dem wohl nur Kinder fähig sind.

Der 1971 in Ankara geborene, seit 1980 in Deutschland lebende Regisseur Miraz Bezar mutet dem Zuschauer einiges zu, aber sein bereits mehrfach ausgezeichnetes Drama erweist sich trotz der heiklen, verstörenden Thematik als behutsames, nachdenkliches Plädoyer gegen Gewalt und für Verständigung. Bezar erzählt vor dem Hintergrund von Kurdenverfolgung und Flüchtlingselend eine starke, authentische Geschichte, gedreht mit Handkamera und Laiendarstellern an Originalschauplätzen.

Einen abendfüllenden Spielfilm in Deutschland zu drehen, erwies sich für Bezar als zu teuer, deshalb zog er von Berlin in die ostanatolische Millionenstadt Diyarbakir, suchte kongeniale Kinderdarsteller aus und drehte seinen Debütfilm mit winzigem Budget im puristischen Stil des iranischen Autorenkinos. Fatih Akin („Soul Kitchen“) gefiel die Rohfassung, und so fungierte der Hamburger Erfolgsregisseur als Co-Produzent.

Miraz Bezar erzählt seine Geschichte konsequent aus der Sicht der Kinder. Die haben nach dem Tod der Eltern nur noch eine Verbindung zur Vergangenheit: Eine Tonbandaufzeichnung mit der Stimme der Mutter, die ein Märchen vorliest vom Wolf, dem man eine Glocke um den Hals bindet. Man soll seinen Gegner nie mit Gewalt, sondern immer mit einer List besiegen, lautet die Botschaft des Märchens. Als Gulistan den Mörder ihrer Eltern, der als treusorgender Familienvater ein Doppelleben führt, wiedertrifft, erinnert sie sich an die Moral des Märchens. Zusammen mit den Straßenkindern, bei denen die Geschwister Unterschlupf gefunden haben, heftet sie sich an die Fersen des Mannes und deckt die wahre Identität des Mörders auf. Gewaltlos macht sie den Skandal des heimlichen Mordes öffentlich.

Aber die Zukunft von Gulistan und Firat bleibt ungewiss. Miraz Bezar gibt sich keinen Illusionen hin. Als Zuflucht in der Nacht dient den Kindern von Diyarbakir die vor langer Zeit zerstörte armenische Kirche St. Grigaros – die Geschichte der Gewalt und des Verschweigens reicht weit zurück. (Internet: www.min-dit.com)

Johannes von der Gathen