Interview mit Kameramann Bogdanski: „Behutsam in die Seelen blicken“

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Szenen-Bilder Foto: Verleih

Den Deutschen Filmpreis für die „beste Kamera“ erhielt er 2007 für Florian von Henckel von Donnersmarcks Welterfolg „Das Leben der Anderen“. Für seine Arbeit beim ARD-Tatort „Minenspiel“ war er zuvor für den Deutschen Kamerapreis nominiert worden. Aktuell lässt sich seine Kunst in der optisch aufwendigen britisch-amerikanischen Produktion „Young Victoria“ bewundern.

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Den Deutschen Filmpreis für die „beste Kamera“ erhielt er 2007 für Florian von Henckel von Donnersmarcks Welterfolg „Das Leben der Anderen“. Für seine Arbeit beim ARD-Tatort „Minenspiel“ war er zuvor für den Deutschen Kamerapreis nominiert worden.

Kein Zweifel: Hagen Bogdanski, am 24. April 1965 in Berlin geboren und dort immer noch Zuhause, ist einer der Großen seiner Zunft. Seit 1996 drehte er mit Regisseuren wie Oscar Roehler („Die Unberührbare“, 2000) und Kai Wessel („Hilde“, 2009).

Aktuell lässt sich seine Kunst in der optisch aufwendigen britisch-amerikanischen Produktion „Young Victoria“ bewundern. Nun sprach er über seine Anfänge beim Film als Schauspieler, seine Bildsprache und seine internationale Karriere.

Ursprünglich wollten Sie ja Schauspieler werden, absolvierten dann aber ein Studium an der Staatlichen Fachschule für Optik und Fototechnik in Berlin. Was fasziniert Sie an der Arbeit hinter der Kamera?

Bogdanski: „Der Entschluss hat sich langsam herauskristallisiert. Ich war ja noch ein Teenager, als ich für Fernsehen, Film und Theater schauspielerte. Dabei merkte ich mehr und mehr, dass dieser Beruf viel damit zu tun hat, sich als Mensch stark zu öffnen, seine Seele zu zeigen. Der Wunsch war bei mir dann doch nicht so ausgeprägt. Mich reizte es schließlich, vielleicht mehr die Fäden in der Hand zu haben, auch mit Technik zu tun zu haben. Jetzt blicke ich anderen in die Seele ­ das allerdings so behutsam wie möglich. Ich drehe überhaupt nur solche klassischen, schauspielergeführten Filme. Action- und Technik-Produktionen interessieren mich nicht vorrangig.“

„Das Leben der Anderen“, „Otto ­ der Katastrofenfilm“ oder eben das bereits 2007 gedrehte Historiengemälde „Young Victoria“ sind ja sehr unterschiedliche Werke: Wie erarbeiten Sie sich jeweils Ihr Bildkonzept?

Bogdanski: „Die Herangehensweise ist eigentlich immer die selbe. Es fängt mit dem Drehbuch an. Zu der Geschichte recherchiere ich erst einmal gründlich ­ ohne den Regisseur. Ich sichte viel Fotomaterial und Filme zum Thema. Bei “Young Victoria„ haben die Aquarelle von William Turner mein Gespür für die englische Landschaft geschärft. Ganz wichtig war auch eine Fotoserie von Annie Leibovitz über das britische Königshaus – wunderschöne Aufnahmen, im klassischen Stil im Buckingham Palast gemacht. Dann fragte ich mich, was das alles in mir auslöst. “Romantik„ ist so ein Begriff, den ich jetzt nennen könnte, auch “Flair der Vergangenheit„.“

Wie begegnen Sie bei Ausstattungsfilmen wie „Young Victoria“ der Gefahr, dass das Ambiente die menschlichen Aspekte überlagert?

Bogdanski: „Die Gefahr ist tatsächlich groß. Ich hatte mir zum Beispiel “Elizabeth„ mit Cate Blanchett angesehen und wollte auf keinen Fall, dass bei uns auch die Schönheit der Kostüme und Dekorationen die Personen in den Schatten stellt. Dazu hilft es etwa ganz simpel, weniger ausladende Totalen zu zeigen und weniger am Computer zu bearbeiten. Stattdessen ist es wichtig, den Schauspielern sehr nahe zu sein ­ mit der Kamera, aber auch emotional.“

Seit „Das Leben der Anderen“ arbeiten Sie auch außerhalb Deutschlands, erst kürzlich lief bei uns Ihr Hollywood-Horrorstreifen „Fall 39“ mit Renée Zellweger. Wie leicht sind Sie international ins Geschäft gekommen?

Bogdanski: „Florians Film bildete tatsächlich einen Wendepunkt in meinem Leben. Seither kommen internationale Aufträge auf mich zu. “Case 39„, das US-Debüt des Deutschen Christian Alvart, hatte ich da allerdings schon fertig. Abgedreht ist jetzt auch “The Beaver„ mit Jodie Foster und Mel Gibson unter der Regie von Jodie. Ich hoffe, die schwarze Komödie kommt Ende des Jahres in die amerikanischen Kinos. Im Übrigen ist es zur Zeit eigentlich nicht so leicht, sich bei den Amerikanern zu etablieren. 2009 war ein Krisenjahr, die Zahl ihrer Produktionen schrumpfte um die Hälfte. Roland Emmerich, Wolfgang Petersen, Michael Ballhaus sind ja schon seit den 90ern dort. Was sich jedoch verstärkt hat, ist die Begeisterung der Amerikaner für Deutschland: Sie sind sehr erleichtert, dass sich unser Land nach 1989 nicht wie befürchtet zur Militärmacht entwickelt hat, sondern dass alles sehr gemäßigt und freiheitlich zugeht. Die Menschen hier gelten sogar als besonders freundlich. Und wenn ich sage, ich komme aus Berlin, sind sowieso alle total begeistert ­ egal wo auf der Welt.“

Interview: Ulrike Cordes