SP-X/Ohrdruf. Das weltweit größte Treffen der Fans des legendären Toyota Landcruiser geht nicht in dessen Heimatland Japan über die Bühne. In Thüringen versammelt sich alljährlich die Familie der Geländewagen-Gemeinde, die der seit 1951 gebauten Offroad-Ikone mit dem sogenannten Buschtaxi-Treffen huldigt.
Knapp 15 Kilometer ist die Autobahn-Ausfahrt Gotha entfernt, die Verbindung zum Rest der deutschen Welt ist als A4 bekannt. Für Musikkenner allerdings ist 10.000-Einwohner Städtchen Ohrdruf im Thüringer Wald kein unbeschriebenes Blatt. Schließlich hatte Johann Sebastian Bach 1695 als Zehnjähriger nach dem Tod seiner Eltern hier bei seinem um 17 Jahre älteren Bruder gelebt und wurde von ihm in die Geheimnisse des Orgelspiels eingeweiht. Der künftige Komponist blieb nur fünf Jahre am Thüringer Wald. Aber hier wurde der Grundstein gelegt, der Bach zum wohl bekanntesten Musiker seiner Zeit aufstiegen ließ.
Sadayoshi Koyari ist Japaner und Chefingenieur des Toyota Geländewagens Landcruiser. Natürlich kennt er den Namen Bach, ist aber nicht wirklich mit seinem Schaffen vertraut. Er hört aber durchaus interessiert zu, wenn ein Einheimischer von dem Komponisten und seiner Verbindung zu Ohrdruf berichtet. Der Ingenieur ist in besonderer Funktion in die kleine Stadt am Thüringer Wald gereist. Jährlich treffen sich hier Fans und Fahrer seines Geländewagens, in diesem Jahr sind sie mit 1.400 der bulligen Ungetüme aus 40 Ländern angereist und haben sich auf der weiträumigen Fläche wie auf einem Campingplatz ihr Plätzchen an der Burg Ohrdruf reserviert. Nirgendwo auf der Welt gibt es eine gefragtere Zusammenkunft der Cruiser-Gemeinde, die unter dem Namen Buschtaxi-Treffen im Kalender steht und seit 23 Jahren eine feste Größe ist.
Geduldig setzt Ehrengast Koyari mit Filzstift sein Autogramm auf T-Shirts, Programmhefte, Tankdeckel oder sonstige beschreibbare Unterlagen, die ihm entgegengereckt werden. „Nur selten bin ich so nahe an unseren Kunden“, sagt der Chefingenieur und nennt seinen Besuch ein „einmaliges Erlebnis“ und nennt dabei auch die Erfahrung mit echter Thüringer Bratwurst. Kaum eines der vielen mitgebrachten Exponate sieht so aus, wie es einst die japanischen Fabriken in Tahar oder Hino verlassen hat. Die meisten Autos der Fans sind mit Aufliegern hinter dem Fahrerhaus zu einer Art Wohnmobil umgebaut, haben Betten, Küchen, Duschen und Sitzecken an Bord. Gemacht für Weltreisen abseits asphaltierter Pisten, fit für die Wüste oder eben als komfortables Buschtaxis für einen Dschungel irgendwo auf dem Globus.
Für Sadayoshi Koyari ist die Begegnung gleichsam ein Museumsbesuch. Denn Landcruiser vieler Generationen sind zu entdecken. Die betagtesten sind seit den 60er-Jahren im Einsatz, zeigen trotz ständiger Fürsorge deutliche Abenteuer-Spuren eines gestressten Allradlers. Auch die Methusalems unter ihnen belegen aber den Mythos des Landcruiser, besonders zuverlässig, robust und unverwüstlich zu sein. Erst ab 1977 entdeckten die Japaner auch den deutschen Markt. Der Landcruiser J 4 hatte einen Sechszylinder-Benziner mit 106 kW/145 PS, ein Dreigang-Getriebe und ein zweigängiges Verteilergetriebe mit abschaltbarem Vorderradantrieb. Lieferbar waren verschiedene Radstände und Karosserieversionen, darunter auch ein Pickup mit Ladefläche. Auffällig war das stets weiße Dach.
Hier in Thüringen belegen auch modernere Offroader den Wandel des Landcruiser vom urigen Geländeprofis zum alltagstauglichen SUV. 1996 kam der Landcruiser 90, der eigentlich viel zu schick für Ausflüge abseits fester Straßen war. 2009 dann der Typ 150, der in der Topversion über 80.000 Euro kostete. In diesem Jahr dann die Rolle rückwärts. Der neue Landcruiser mit der Nummer 250 wird auch optisch wieder zum Geländewagen und tritt damit gegen Rivalen wie den Landrover Defender, gegen Jeep oder auch Newcomer wie den Ineos Grenadier an.
Für Ingenieur Sadayoshi Koyari ist die Dienstreise nach Ohrdruf auch die erste Gelegenheit, den Fans sein neues „Baby“ zu präsentieren und erste Daten preiszugeben. Der Neuling Landcruiser 250, der bereits bestellt werden kann, ist 4,92 Meter lang, 1,99 Meter breit und 1,86 Meter hoch. Im Motorraum arbeitet ein 2,8-Liter-Turbodiesel mit 150 kW/204 und 500 Newtonmeter. Im nächsten Jahr folgt ein 48-Volt-Mildhybrid. Die Preise liegen zwischen 67.990 und 92.990 Euro. „Das ist kein SUV, sondern ein echter Geländewagen“, verspricht Koyari.