SP-X/Bad Neuenahr. Der Roma ist das Einstiegsmodell von Ferrari. Seit dem vergangenen Jahr gibt es den Front-Mittelmotor-Sportler auch als Cabrio, markentypisch schlicht Spider genannt. Im Rahmen der seit Corona erstmals wieder veranstalteten Ferrari-Days auf dem Nürburgring konnten wir den Zwei-plus-zwei-Sitzer ausführen und auch auf seine Außenwirkung testen.
Um den unter der langen Fronthaube schlummernden Achtzylinder mit 456 kW/620 PS zum Leben zu erwecken, genügt es, bei eingeschalteter Zündung einen Finger leicht auf eine Kontaktfläche im Lenkrad zu legen. Sofort erwacht der Turbobenziner lautstark und mit einem kraftstrotzenden Bollern, das auch die eher vom Anblick der Ferraris gelangweilten Passanten aufhorchen lässt.
Ob Motorstart, Bedienung der Automatik oder die Verdeckfunktionen – bei Ferrari ist vieles erklärungsbedürftig, ohne dass man diese Eigenheiten später als in irgendeiner Weise umständlich empfindet. Im Gegenteil: Die Blinker zum Beispiel werden über Daumentasten am Lenkrad aktiviert, so dass der Fahrer das Steuer jederzeit fest im Griff hat.
Bei noch hochsommerlichem Wetter folgt selbstverständlich der Druck auf den Verdecköffnungshebel, der das fünflagige Akustikverdeck rein elektrisch hinter den „Rücksitzen“ und in der oberen Kofferraumhälfte verschwinden lässt. 13 Sekunden dauert das leise Origami-Spektakel, das auch während der Fahrt, bis Tempo 60 möglich ist. Wer etwas größeres Gepäck im Kofferraum hat, muss es allerdings vorher zumindest teilweise auf die beiden Sitze der Rückbank verteilen, die sich ohnehin nur im Notfall als Sitzgelegenheit für kleine und noch dazu leidensfähige Kinder eignen. Angesichts der 4,66 Meter langen Karosserie scheint Raumökonomie im Lastenheft der Ingenieure allenfalls eine untergeordnete Rolle gespielt zu haben. Performance und Form standen eindeutig im Vordergrund.
Statt des formvollendeten Hecks des Roma Coupé trägt der offene Spider einen kleinen Buckel, der die eigentlich elegante obere Fahrzeuglinie unterbricht. Aus der Fahrerperspektive mit Blick auf die an Wölbungen reiche Motorhaube stört das nicht. Sonst auch niemanden. Neugierige und oft bewundernde Blicke erntet man ohnehin reichlich. Ist Deutschland am Ende doch keine Neidgesellschaft? Auf unserer Fahrt durch die Eifel und vor allem rund um den Nürburgring haben wir jedenfalls überwiegend positive Reaktionen erlebt. Fast so, als wären wir in Italien unterwegs, wo ein Ferrari von den Einheimischen meist wohlwollend, oft sogar begeistert begrüßt wird. Kurios: Obwohl Diskretion für den italienischen Autobauer in Hinblick auf seine betuchte und oft auch prominente Klientel zum Geschäftsprinzip gehört, sind die Autos stets ein Blickfang, der seine Insassen damit exponiert.
Der Roma Spider ist ein Genussauto, mit dem man auch ganz komfortabel unterwegs sein kann. Dann hält sich auch der V8 akustisch zurück, denn vor allem im Komfortmodus wechselt das Achtgang-Automatikgetriebe geschickt die Gänge, um die Drehzahlen niedrig zu halten. Hinzu kommen eine hervorragende Sitzposition, ein sportliches Fahrwerk ohne übertriebene Härten und ein Verdeck, das im geschlossenen Zustand Windgeräusche gut abschirmt. Bei geöffnetem Verdeck, hochgeklapptem Windschott und hochgefahrenen Seitenscheiben herrscht selbst bei flotter Fahrt ein angenehmes Fahrtwindregime im Innenraum.
Die vielen verlockenden Kurven der Eifel verleiten gerade im Roma Spider dann doch zu der einen oder anderen pikanten Fahreinlage. Das extreme Beschleunigungspotenzial, die verwindungssteife Karosserie, die fein ansprechende Lenkung, die ausgewogene Gewichtsbalance, das enorme Verzögerungspotenzial der Keramikbremsen, der markante Sound aus den vier Endrohren – auch diese Eindrücke gehören zum Genuss, den eine Fahrt mit dem Roma Spider bietet.
In diesen Genuss kommen allerdings nur sehr wenige. Das liegt vor allem am Preis, der bei rund 242.000 Euro beginnt und angesichts einer ellenlangen Optionsliste, die übrigens bei Ferrari traditionell bei jedem Exemplar als Plakette auf der Innenseite des Kofferraumdeckels angebracht wird, leicht 300.000 Euro übersteigt. Auch beim Unterhalt eines Roma sollte man nicht knausern. Dafür hält sich der Wertverlust in Grenzen. Selbst für das vor vier Jahren eingeführte Roma Coupé, das neu 30.000 Euro weniger kostet als ein Spider, werden aktuell für die günstigsten Gebrauchten noch knapp 200.000 Euro aufgerufen. Der Gebrauchtwagenmarkt bietet beim Roma eher die Chance, schnell an ein Fahrzeug zu kommen. Denn in den nächsten zwei Jahren ist Ferrari damit beschäftigt, die bereits fest bestellten Exemplare der Baureihe zu produzieren und auszuliefern. Wer einen neuen Roma Spider bestellt, muss sich also gedulden, bis er sich ans Steuer setzen und viel Aufmerksamkeit genießen kann.
Ferrari Roma Spider – Technische Daten:
Zweitüriges Sportcabriolet, Länge: 4,66 Meter, Breite: 1,97 Meter, Höhe: 1,30 Meter, Radstand: 2,67 Meter, Kofferraumvolumen: 170 – 255 Liter
3,9-Liter-V8-Frontmittelmotor mit Abgasturboaufladung und Transaxle-Getriebe; 456 kW/620 PS, maximales Drehmoment: 760 Nm bei 3.000 bis 5.750 U/min, Hinterradantrieb, Achtgang-Doppelkupplung, 0-100 km/h: 3,4 s, Vmax: 320 km/h, Normverbrauch: 10,8 Liter/100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 251 g/km, Abgasnorm: Euro 6d
Preis: ab 242.316 Euro
Ferrari Roma Spider – Kurzcharakteristik:
Warum: weil ein Ferrari immer etwas Besonderes ist
Warum nicht: weil ein Ferrari etwas zu besonders ist
Was sonst: McLaren LT 600 Spider, Aston Martin DB12 Volante, Porsche Turbo Cabrio