„Yoso“ in Andernach: Noch nicht auf Sylt-Niveau

Das Mittagsmenü mit Lachs. Foto: Nicole Mieding
Das Mittagsmenü mit Lachs. Foto: Nicole Mieding

Premiere unserer Serie in der Rhein-Zeitung: Gastro-Expertin Nicole Mieding testet neue Restaurants. In „Mahlzeit mit Mieding“ steht heute das „Yoso“ in Andernach auf dem Plan. Mit viel Geld mischt dort ein Investor die Gastronomieszene auf – und hat eine Spitzenköchin in die „essbare Stadt“ gelockt. Ob es sich lohnt?

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Das „Yoso“ in Andernach.
Foto: Nicole Mieding

Stationen in Drei-Sterne-Häusern, 2013 vom Gault Millau zur „Aufsteigerin des Jahres“ gekürt, zuletzt als Küchenchefin im Restaurant „Spices“ auf Sylt einen Michelin-Stern erkocht: Dass die nächste Station der 34-jährigen Spitzenköchin Sarah Henke ausgerechnet Andernach sein würde, hatte gewiss keiner auf dem Zettel.

Mit viel Geld mischt dort derzeit ein ortsansässiger Investor die Gastronomieszene auf, und die in in Niedersachsen aufgewachsene Südkoreanerin darf gleich mehrere Projekte verantworten. In Sachen Karriereplanung also vielleicht doch ein schlüssiger nächster Schritt. Von der Nordsee an den Rhein gelockt haben dürfte zudem der Liebste, der in Reichweite, nämlich im Taunus kocht. Und so darf sich die „essbare Stadt“, so ihr Slogan, über den kulinarischen Neuzugang von der Promi-Insel freuen. Am Strom hat Henke zwar vorerst keinen Stern. In ihrem Restaurant „PuRs“, das im noch zu eröffnenden Hotel in der „Alten Kanzlei“ unterkommen wird, sollen Gourmets sowie Geschäfts- und Flussreisende mit kulinarischem Anspruch aber künftig auf ihre Kosten kommen. Einen Vorgeschmack auf ihr Können gibt Henke seit November im „Yoso“, einem asiatischen Streetfood- und Sushi-Restaurant. Dort wird unter ihrer Regie ihre „Vier-Elemente-Küche“ serviert. Für Eilige gibt es den Mittagstisch und Sushi zum Mitnehmen.

Ambiente

Klare Linien, als dominierende Farben Schwarz und Rot: So erfüllt die Einrichtung die Erwartungen an Asien mit puristischer Strenge. Das sparsame Dekor – Korblampen, Bambus, eine mit Pergament bespannte Wand – wirkt schlicht mit Tendenz zur Kühle. Aber wer herkommt, erwartet eben auch einen coolen Laden, kein Kuschelsofa. Zu Letzterem würde die Beleuchtung passen: Die dunklen Farben schlucken eine Menge Licht, das ohnehin nur durch die zur Straße hin verglaste Fassade einfällt. Den Weg bis zur gegenüber liegenden Wand schafft es nicht. Den Mangel an Molligkeit soll der akustische Klangteppich ausfüllen. Ein synthetischer Synthesizersound plätschert durch den Raum. Asiatisch angehauchte Lounge-Musik, wie sie auch gern in Massage- und Wellnesstempeln verwendet wird. Was hier nun freilich auf die falsche Fährte führt.

Essen

Wir testen den Mittagstisch und lassen uns zunächst einen Aperitif kommen: den alkoholfreien Yoso Fruit Mix und – weil ja nur einer fahren muss – einen Ginger Secco (Rieslingsekt mit Ingwer). Der schön erfrischt, während der Saftmix aus Mango, Pfirsich, Orange, Maracuja und Holunderblütensirup sich in seiner pappigen Süße mit einer Cocktailkirsche misst. Aus der Speisekarte wählen wir das Mittagsmenü mit Lachs sowie à la Carte den Yoso Wok, der laut Beschreibung aus mariniertem Huhn, Jasminreis und Gemüse besteht. Vorweg gönnen wir uns das Lachs Nigiri vom Sushi-Meister.

Die Handarbeit verlangt eine gewisse Wartezeit, aber als der Algenwickel aus Reis und Fisch auf den Tisch kommt, ist er wirklich tadellos frisch. Die Vorspeise zum Mittagstisch wirkt in ihrer Einfachheit dagegen fast lieblos: grob geviertelte Tomaten mit ein paar Ringen Frühlingszwiebel. Die Korianderblättchen und das honigsüße Dressing machen daraus ein eventuell-auch-asiatisches Gericht. Dafür sieht das Mittagsgericht mit Reis, mehrerlei gebratenem Wokgemüse und den mit Teriyaki-Sauce hübsch lackierten Lachsstücken überraschend üppig aus. Leider nur, bis wir merken, dass der zweiten Hauptspeise die entscheidende Komponente fehlt: das Huhn. Das hat sich, huch, zum Lachs auf den Teller gesellt. Nach einem Hinweis nimmt der Kellner beides wieder mit. Was er nach einer ganzen Weile zurückbringt, lässt die Gesichter am Tisch länger werden: Beim zweiten Anlauf sind die appetitlichen Kohlblätter vom Teller verschwunden, das Gericht sieht deutlich unbunter aus. Was der Koch in der Not eiligst zusammengewürfelt hat, ist vor allem eins: laaaangweilig! Und nahezu geschmacksneutral. Die grobschlächtig gestückelten Zucchini, Möhren, Auberginen sind wegen ihrer ungleichen Größe teils roh. Dafür hat der Lachs, der eben noch so schön glasig aussah, die durch den Zwischenfall entstandene Wartezeit einigermaßen schadlos überstanden. Dieses Wiedersehen auf dem Teller macht Freude, und hallo – auch die Soße vom Vorspeisensalat und die Panflöte aus der Wellnessoase sind wieder da.

Service

Die Chefin des Hauses ist an diesem Tag nicht zu sehen. Ihre Angestellten sind höflich, aber mehr mit sich als mit den Gästen beschäftigt. Eine ausreichende Entschuldigung für den Fauxpas gibt's nicht. Espresso oder den Aperitif aufs Haus zur Wiedergutmachung? Leider Fehlanzeige.

Preis-Leistung

10 Euro Fixpreis für das Mittagsmenü sind fair, zwei einzeln gewählte Gänge überfordern mit 12,50 Euro auch kein Portemonnaie. Am Abend gibt es Vorspeisen von 6 bis 14 Euro, Hauptgerichte von 18 bis 26 Euro. Das Menü kostet 55 Euro (vier Gänge) bzw. 65 Euro (fünf Gänge). Eine ausgesuchte Weinkarte weist auf Henkes Vergangenheit in der Spitzengastronomie hin. Hier gibt's Klasse, schon der offene Einstiegswein, ein Riesling Kabinett vom Weingut Sturm am Mittelrhein, ist mit 3,80 Euro für 0,1 l kein Schnäppchen. Hinzu kommen Preziosen deutscher Spitzenwinzer, aus Österreich und Frankreich (nur flaschenweise, 22-152 Euro).

Fazit

Wo Henke draufsteht, muss man sie leider suchen. Die Hausherrin bürgt mit ihrem Namen für Qualität. Damit Essen und Service auch ihre Handschrift tragen, muss sie in der so wichtigen Anfangsphase anwesend sein. Und die Zügel anziehen.

Adresse

„Yoso“
Schafbachstraße 14
56626 Andernach
Tel. 02632/499 86 43
E-Mail info@yoso-food.de

Di-Sa 12 bis 14 Uhr und 18 bis 21 Uhr
www.yoso-food.de