Aus der Nische zur Herrschaft
Kot- und Darm-Fossilien beschreiben Aufstieg der Dinosaurier
Kot- und Darm-Fossilen
Kot- und Darm-Fossilen
Marcin Ambrozik. DPA

Über Millionen von Jahre beherrschten gigantische Dinosaurier die Erde. Aber auch diese Tiere haben mal klein angefangen. Anhand von Überresten des Futters zeigen Forschende die Erfolgsgeschichte auf.

Aktualisiert am 28. November 2024 11:15 Uhr

Uppsala (dpa) - Wer fraß vor mehr als 200 Millionen Jahren was und wen? Anhand von versteinertem Kot, Erbrochenem und Darminhalten haben Fachleute die frühe Entwicklung der Dinosaurier rekonstruiert. Mehr als 500 solcher Fossilien seien untersucht worden, schreiben Paläontologen aus Schweden, Norwegen, Polen und Ungarn in der Fachzeitschrift «Nature».

In den versteinerten Fäkalien wurden unverdaute Nahrungsreste, Pflanzen und Teile von Beutetieren identifiziert. Die Analyse sei wahre Detektivarbeit gewesen, sagte Martin Qvarnström von der Universität Uppsala in Schweden. «Die Möglichkeit zu untersuchen, was die Tiere fraßen und wie sie mit ihrer Umwelt interagierten, hilft uns zu verstehen, was den Dinosauriern ihren Erfolg ermöglichte.»

Käfer und Holzkohle in den Überbleibseln

Neben den Verdauungsresten nutzten die Forschenden Knochenfunde, Fußabdrücke, Bissspuren, Pflanzenfossilien und Klimadaten, um Erkenntnisse über die damaligen Tiergemeinschaften zu gewinnen. Hauptautor Grzegorz Niedzwiedzki erklärt: «Das Forschungsmaterial wurde über 25 Jahre gesammelt; wir haben viele Jahre gebraucht, um es zu einem zusammenhängenden Bild zusammenzufügen.» 

Das Forschungsteam nutzte modernste Bildgebungsverfahren, um die in den Fossilien verborgenen inneren Teile sichtbar zu machen. Sie entdeckten die Überreste von Fischen, Käfern, größeren Tieren und Pflanzen. Anhand der Ernährungsvorlieben der frühen Dinosaurier versuchten sie, mehr über das damalige Leben herauszufinden.

Dabei entdeckten sie auch überraschende Dinge. So enthielten die Exkremente der ersten großen pflanzenfressenden Dinosaurier, der langhalsigen Sauropoden, nicht nur große Mengen Baumfarne, sondern auch Holzkohle. Die Forschenden vermuten, dass die Kohle aufgenommen wurde, um den Mageninhalt zu entgiften, da Farne für Pflanzenfresser giftig sein können.

Zunächst noch in der Minderheit

Die Entwicklung der Dinosaurier teilten sie schließlich in fünf Phasen ein. In der ersten Phase, vor 231 bis 228 Millionen Jahren, lebten demnach die unmittelbaren Vorfahren von Dinosauriern wie die Silesauriden. Sie waren eher klein bis mittelgroß, Pflanzenfresser oder Allesfresser und gegenüber anderen Reptilien stark in der Minderheit.

In der zweiten Phase, vor 220 bis 210 Millionen Jahren, kamen laut der Studie die ersten kleinen fleischfressenden Dinosaurier auf, die zu den Theropoden und damit zu den Vorgängern der Vögel zählen. In der dritten Phase von vor 210 bis 205 Millionen Jahren erschienen die ersten großen Theropoden sowie die pflanzen- oder allesfressenden Vogelbeckensaurier.

Bis zu diesem Zeitpunkt waren Dinosaurier und ihre Vorfahren noch nicht so dominant. Doch mit der vierten Phase, vor 204 bis 202 Millionen Jahren, begannen sie laut der Untersuchung, die Mehrheit der Tiere zu stellen. Es tauchten kleine vierbeinige Echsenbeckendinosaurier auf, aus denen später die größten Landtiere der Erde hervorgehen sollten.

Die fünfte Phase beginnt den Forschern zufolge vor 201 Millionen Jahren, also an der Grenze zum Jura: Damals dominierten verschiedene Dinosaurier aller Größen und Arten die Ökosysteme. 

Veränderungen in der Umwelt als Auslöser

Die Phasen beziehen sich auf das heutige Polen, woher die meisten untersuchten Funde stammen, aber die Wissenschaftler vermuten ähnliche Abfolgen auch in anderen Teilen der Welt. Sie führen die Veränderungen in der Tierwelt auf Umwälzungen in der Umwelt zurück, etwa Klimaveränderungen. 

Am Ende der Trias kam es zu einem der fünf großen Massenaussterben der Erdgeschichte, mutmaßlich durch intensive vulkanische Aktivitäten. Der Kohlendioxidgehalt der Luft und die Versauerung der Meere stiegen dadurch stark an. Die Forschenden vermuten, dass die Dinosaurier mit den neuen Umweltbedingungen besser zurechtkamen als ihre Futterkonkurrenten und dass sie das neue Nahrungsangebot durch eine veränderte Pflanzenwelt besser nutzen konnten.

Lawrence Tanner vom Le Moyne College im US-amerikanischen Syracuse weist in einem Kommentar, ebenfalls in «Nature», darauf hin, dass die Erkenntnisse auf der Basis von Funden in einem relativ kleinen Gebiet gewonnen wurden. Von der Anwendung der Techniken aus dieser Studie an anderen Standorten verspricht er sich ein differenzierteres Bild vom Aufstieg der Dinosaurier.

© dpa-infocom, dpa:241127-930-301231/2

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