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Sex, Lügen, Vatikan: «Konklave» von Oscar-Regisseur Berger
Kinostart - "Konklave"
Kinostart - "Konklave"
Leonine Studios. DPA

Seine «Im Westen nichts Neues»-Verfilmung gewann vier Oscars, nun bringt Edward Berger einen Bestseller von Robert Harris auf die Leinwand, der an die Grenzen des katholischen Glaubens führt.

Rom (dpa) – Vier Oscars holte Edward Berger 2023 mit dem Kriegsdrama «Im Westen nichts Neues». Er schuf damit den erfolgreichsten deutschen Film bei den Oscars jemals. Nun gibt es die nächste Romanverfilmung des gebürtigen Wolfsburgers. Mit Ralph Fiennes («Grand Budapest Hotel», «Der englische Patient») drehte der 54-jährige Berger den Vatikan-Thriller «Konklave».

Konklave ist der Fachbegriff für den abgeschlossenen Raum bei der Papstwahl. Gedreht wurde zwar nicht an Originalschauplätzen, sondern überwiegend in den Cinecittà-Studios in Rom, doch herausgekommen ist ein bildgewaltiger Ensemblefilm.

Es ist die Adaption eines Romans aus dem Jahr 2016 von Robert Harris («Vaterland», «Intrige», «München»). Trotz seines Settings im Kirchenstaat hat der Film aber wenig gemein mit Werken wie dem Mystery-Thriller «Illuminati» mit Tom Hanks, einer Dan-Brown-Verfilmung von Ron Howard voller Verschwörungserzählungen.

Kein zynischer Film über die Kirche

«In jedem Film möchte man den Charakteren, die man darstellt, Respekt entgegenbringen», sagte Berger, der durch seine Mutter Schweizer und durch den Vater Österreicher ist, der Deutschen Presse-Agentur in London. «Und in diesem Fall wollten wir keinen zynischen Film über die Institution Kirche machen.» Man zeige die Charaktere menschlich. Am Ende führt der Religionsthriller auf Basis von Harris' Roman an die Grenzen des katholischen Glaubens.

Das Drama nimmt mit dem Tod eines recht fortschrittlichen Papstes seinen Lauf. Das Kardinalskollegium muss sich in der Sixtinischen Kapelle versammeln, um einen neuen Papst zu wählen. Herren aus verschiedensten Teilen der Welt und auch mit unterschiedlichen Weltanschauungen treffen in Rom ein. «Wer es am meisten will, ist am gefährlichsten», fällt mal als Satz während der Wahlgänge und Intrigen. Draußen warten Gläubige auf den weißen Rauch als Zeichen einer erfolgreichen Wahl.

Die Leitung der Wahl obliegt Thomas Lawrence. Der reformorientierte Kardinal blieb mit dem Heiligen Vater vor dessen Tod unversöhnt über Fragen einer Versetzung und er durchlebt auch gerade eine Glaubenskrise. Verkörpert wird er von Fiennes, dem man in diesem Film gerne beim Denken zusieht.

Befreundet ist Lawrence mit dem engen Vertrauten des gestorbenen Papstes, Aldo Bellini (Stanley Tucci). Dieser scharfzüngige Liberale mit hohen Prinzipien und kaschierten Ambitionen könnte der neue Papst werden.

Konkurrenz lauert jedoch, etwa in Gestalt des Reaktionären Goffredo Tedesco (Sergio Castellitto), der gern wieder die lateinische Messe einführen würde, oder vom Bürokraten und irgendwie verdächtig agierenden Joseph Tremblay (John Lithgow). Auch der nigerianische Kardinal Joshua Adeyemi (Lucian Msamati), der mit Charisma punkten könnte, jedoch Liberalere mit seiner Schwulenfeindlichkeit verschreckt, ist im Rennen. Überraschend taucht zudem Vincent Benitez (Carlos Diehz) auf, der vom verstorbenen Papst heimlich – um ihn vor Verfolgung durch Islamisten zu schützen – zum Bischof von Kabul ernannt wurde.

Kaum Frauenrollen bei einem Thriller voller Kardinäle

Qua Handlungsort Vatikan muss der Film ohne wichtige Frauenrollen auskommen. Immerhin bestätigt Isabella Rossellini als Nonne einmal Vorwürfe gegen einen Kardinal: Obwohl sie als Schwestern unsichtbar sein sollten, «hat Gott uns doch Augen und Ohren geschenkt», sagt sie verschmitzt und ihr demütiger Knicks wirkt wie eine Ohrfeige für die Männerrunde.

Es geht in diesem Film um Sex, Lügen, Identität und Glauben, darum, dass Gewissheit der schlimmste Feind des Glaubens sei, denn sie lasse keinen Zweifel zu und kein Geheimnis, wie Lawrence einmal predigt. Doch ohne Geheimnis gäbe es keinen Glauben. Das ist alles prächtig und spannend inszeniert – mit fantastischer Musik des deutschen Oscar-Preisträgers Volker Bertelmann («Im Westen nichts Neues»). Am Ende könnten sich manche aber mit einem Knalleffekt alleingelassen fühlen.

© dpa-infocom, dpa:241121-930-294847/1

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