Berlin (dpa/tmn) – Ein 15-Jähriger darf selbst bestimmen, ob er vor Gericht aussagt – auch wenn es um seine Eltern geht. Auf eine entsprechende Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Az. 2 WF 33/25) weist die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hin.
Ursprünglich ging es nur um eine Ordnungswidrigkeit. Die Mutter hatte es versäumt, einen geforderten Immunitätsnachweis für eine Impfung ihres Sohnes vorzulegen. Die Eltern erklärten, ihr Sohn wolle sich nicht impfen lassen. In der Hauptverhandlung sollte der Jugendliche dazu vernommen werden, möglicherweise auch zu Fragen, die seine Eltern betrafen.
Doch plötzlich wurde das eigentliche Verfahren zur Nebensache. Denn es ging um viel Größeres. Der Richter erkannte einen Interessenkonflikt. Das Problem: Die Mutter könne nicht objektiv für ihren Sohn entscheiden, ob er gegen sie aussagen soll. Deshalb regte der Richter an, stattdessen einen Ergänzungspfleger – also eine neutrale rechtliche Vertretung – einzusetzen.
Ist man mit 15 reif, um Zeugnisverweigerungsrecht auszuüben?
Das Familiengericht folgte dem und bestellte das Jugendamt. Dagegen legten Eltern und Sohn Beschwerde ein: Mit fast 16 Jahren könne der Jugendliche sehr wohl selbst über sein Zeugnisverweigerungsrecht entscheiden, so deren Argumentation.
Das Oberlandesgericht gab ihnen im Beschwerdeverfahren recht: Der 15-Jährige dürfe selbst darüber entscheiden, ob er aussagen möchte oder nicht. Eine Vertretung durch das Jugendamt sei nicht erforderlich. Ein Ergänzungspfleger sei nur nötig, wenn ein Kind zu jung oder unreif sei. Jugendliche ab etwa 14 Jahren verstünden aber in der Regel die Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts. Da der 15-Jährige reif genug sei, könne er sein Recht selbst ausüben.
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