Werner Langen: Einsatz von Steuermitteln braucht klare Regeln

Auch der Nürburgring geriet ins wettbewerbsrechtliche Visier der EU-Kommission. Foto: dpa
Auch der Nürburgring geriet ins wettbewerbsrechtliche Visier der EU-Kommission. Foto: dpa

Die Europäische Union ist konstituiert als „offene Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“. Die daraus folgende Wettbewerbspolitik ist keine Erfindung regelungswütiger europäischer Bürokraten, sondern seit den Römischen Verträgen das von Ludwig Erhard begründete Grundprinzip der europäischen Wirtschaftsordnung.

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Ein Gastbeitrag von Werner Langen, Europa-Abgeordneter der CDU

Zur Durchsetzung der vier Grundfreiheiten für Personen, Waren, Kapital und Dienstleistungen hat die EU-Kommission seit der Gründung einen klaren gesetzlichen Auftrag und weitgehende Durchgriffsrechte. Unternehmen, die diese Regeln in der EU missachtet haben, können davon ein Lied singen. In den letzten Jahren sind einzelne Geldstrafen für Marktmissbrauch bis in Milliardenhöhe(!) verhängt worden. Auch deutsche Unternehmen sind betroffen, zuletzt mehrere deutsche Bierbrauer, die die Preise für Bier zulasten der Verbraucher abgesprochen hatten. Dazu gehört auch, dass nach Artikel 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) staatliche Beihilfen, die den Wettbewerb verzerren, mit dem Binnenmarkt unvereinbar sind.

In Rheinland-Pfalz laufen zurzeit mehrere Vertragsverletzungsverfahren, die hätten vermieden werden können. Ob mangelnde Kenntnis des EU-Rechts oder politische Sturheit dafür verantwortlich waren, will ich hier nicht abschließend beurteilen. Spätestens seit der Eröffnung des Verfahrens zum „Vergnügungspark“ am Nürburgring hätte man von allen Beteiligten erwarten können, dass sie das übergeordnete EU-Recht achten und nicht wiederholt mit Füßen treten. Dass die Landesregierung beim Bau dieses überdimensionierten „Vergnügungsparks“ mit Hotel und Achterbahn über 330 Millionen Euro Steuergelder eingesetzt hat, ist eine eindeutige Wettbewerbsverzerrung, die zulasten der privaten Konkurrenten und mittelständischen Unternehmen in der Region, aber auch außerhalb von Rheinland-Pfalz durchgesetzt wurde. Ohne EU-Genehmigung und trotz vieler Warnungen.

Auch im Falle des Flughafens Hahn liegen Beschwerden von betroffenen Unternehmen vor, die nicht in den Genuss von Steuergeldern gekommen sind, wie eine einzelne Billig-Fluglinie, die mit Steuergeldern anderen Unternehmen nicht nur das Leben schwer macht, sondern darüber hinaus auch noch ihre Monopolmacht am Flughafen Hahn zulasten der Steuerzahler zu Sonderkonditionen missbraucht hat. Gleiches gilt für Subventionen an einzelne Unternehmen, die den Wettbewerb verzerren, sei es bei Hotelbauten oder privatisierten früheren staatlichen Einrichtungen.

Die EU-Wettbewerbsbehörde hat dabei sehr weitgehende Rechte. Beihilfen können zurückgefordert werden, Gesetze und daraus resultierende Regelungen aufgehoben und weitgehende Auflagen durchgesetzt werden. Da helfen auch keine lautstarken Proteste. Das EU-Wettbewerbsrecht ist übergeordnet und in zahlreichen Einzelfällen gerichtlich bestätigt. Jüngstes Beispiel ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das zu einer ungeheuren Umverteilung von „unten nach oben“ führt.

Die EU-Kommission ist allerdings nach meiner Erfahrung fast immer bereit, strukturpolitische Besonderheiten anzuerkennen und – unter Auflagen – zu genehmigen. Im Falle der Motorsportanlage Nürburgring, die im Jahr 2010 gesellschaftsrechtlich mit dem „Vergnügungspark“ zusammengelegt wurde und nur deshalb in den Sog des Beihilfeverfahrens geraten ist, wäre die EU-Kommission nach meiner Überzeugung bereit, den Ring selbst aus dem Verfahren herauszunehmen, wenn dadurch die „Wiege des deutschen Motorsports“ diskriminierungsfrei für jeden zugänglich bleiben würde. Sozusagen als öffentliche Leistung der Daseinsvorsorge für eine ganze Region, die „Opfer“ einer Fehlinvestition mit Steuermitteln geworden ist. Dazu sind allerdings der politische Wille, die Verhandlungsbereitschaft sowie ein diskriminierungsfreier Verkauf erforderlich. Ich setze darauf, dass sich Einsicht, Vernunft und regionaler Zusammenhalt doch noch durchsetzen werden.

An der EU-Kommission wird dies nicht scheitern, eher an der Landesregierung und den weisungsgebundenen Übergangsgeschäftsführern und Sachwaltern, die leider keine Kompetenzen nach dem Konkursrecht haben und deshalb im Auftrag der Landesregierung handeln. So geht es nicht: Die Landesregierung verweist auf die „Sachwalter“, diese verweisen wiederum an die EU-Kommission. Dieses „Schwarze-Peter-Spiel“ wird nicht aufgehen!