Vor 80 Jahren: Georg Elser kämpfte alleine gegen Hitler
Das Archivbild vom November 1939 zeigt Aufräumarbeiten nach dem Bombenattentat auf Adolf Hitler im Münchner Bürgerbräukeller. Die Bombe ging 13 Minuten zu spät hoch. Wegen dieses Missgeschicks entging Nazi- Diktator Hitler dem Anschlag, den der Schreinergeselle Johann Georg Elser in monatelanger Arbeit vorbereitet hatte. dpa Die Auswirkungen des Sprengstoffanschlags im Bürgerbräukeller. Bundesarchiv, Bild 183-E12329 / Wagner / CC-BY-SA 3.0 Eine NSDAP-Versammlung im Bürgerbräukeller in München . Bundesarchiv, Bild 146-1978-004-12A / Hoffmann, Heinrich / CC-BY-SA 3.0 Der Nachbau des Zünders der Bombe, mit der Georg Elser das Attentat auf Adolf Hitler im Bürgerbräukeller geplant hat. dpa Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht am 4. November 2019 zur Eröffnung eines Denkmals für Georg Elser in dessen Heimatort Hermaringen.
Von Gisela Mackensen und Jürgen Balthasar (dpa)
Wenn vom Widerstand gegen die Nazis die Rede ist, bleibt Georg Elser oft unerwähnt. Dabei hatte der Schreinergeselle von der Ostalb schon fünf Jahre vor Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seinen Mitverschwörern des 20. Juli 1944 erkannt, welches Unheil das Regime der Nationalsozialisten für Deutschland bedeutete. „Ich habe den Krieg verhindern wollen“, gab er später bei Verhören zu Protokoll. Sein Sprengstoffattentat auf Adolf Hitler am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller mit einem Zeitzünder schlug fehl, weil der „Führer“ 13 Minuten früher als geplant das Lokal verließ.
Noch am selben Tag versuchte der Einzeltäter in Konstanz in die rettende Schweiz zu flüchten. Doch er wurde von deutschen Zöllnern gestellt und am 9. April 1945, kurz vor Kriegsende, im KZ Dachau auf direkten Befehl Hitlers durch Genickschuss ermordet.
Der am 4. Januar 1903 geborene Bauernsohn war ein begabter Tüftler. Die Bombe installierte er mit ungeheurer Ausdauer im Bürgerbräukeller. Nächtelang höhlte er heimlich eine tragende Säule aus und schaffte den Bauschutt in einer Aktentasche fort. So sollten ihn später auch seine entzündeten Knie verraten. Denn der Täter, das stand fest, hatte auf Knien arbeiten müssen, da die Bombe dicht über dem Fußboden angebracht war.
Elser war früh überzeugt, dass Hitler Krieg wollte. Das wollte der einfache Handwerker mit seiner seit dem Herbst 1938 geplanten Tat verhindern. Als Hitler noch während Elsers Vorbereitungen zu dem Attentat den Krieg anzettelte, wollte Elser mit seiner Tat wenigstens zu einem raschen Kriegsende beitragen. In einer Fabrik in Heidenheim sammelte er nach und nach Pulver, in einem Steinbruch in Königsbronn, wo er sich als Hilfsarbeiter durchschlug, stahl er Dynamit.
Bei den Verhören durch die Gestapo, bei denen er auch gefoltert wurde, bezeichnete sich Elser als Kommunist und Pazifist. „Ein Arbeiter muss euer Feind sein“ erklärte er tapfer. Die Nazis glaubten ihm erst, dass er wirklich ein Einzeltäter war, als er auf ihre Anweisung hin die Bombe noch einmal nachgebaut hatte.
Die Bombe tötete acht Menschen. Hitler überlebte – weil er wegen Nebels nicht nach Berlin zurückfliegen konnte, einen Nachtzug nehmen musste und deshalb seine Rede abkürzte. Die Nazi-Propaganda sprach von „Vorsehung“, dass dem „Führer“ nichts passiert war, und sah den britischen Geheimdienst hinter dem Anschlag.
Anerkennung hat Elser, der womöglich um ein Haar die Geschichte verändert und Millionen von Menschenleben gerettet hätte, kaum erfahren. Erst die neuere Geschichtsforschung erhellt allmählich die Hintergründe, seitdem in den 70er Jahren die Vernehmungsprotokolle aufgetaucht sind. „Bei einem Erfolg des Attentats hätte Elser Weltgeschichte geschrieben“, hat der Historiker Hartmut Mehringer den Schwaben und Einzelkämpfer später gewürdigt. „Ein Erfolg wäre ein Glücksfall gewesen, denn dann wäre der Zweite Weltkrieg wahrscheinlich schnell zu Ende gewesen.“
Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Elser vor allem durch den Kinofilm bekannt, mit dem Klaus Maria Brandauer ihm 1989 ein Denkmal setzte. „Wenn es unter den Deutschen im 20. Jahrhundert einen Einzelnen gab, der ein Held war, dann dieser einsame Schwabe“, schrieb der Schriftsteller Rolf Hochhuth einmal über den gescheiterten Attentäter, den er auch den deutschen Wilhelm Tell nennt.
„Ich lass mich lieber erschießen“ – Eine Würdigung Georg Elsers in der ZEIT