Darmstadt

Vergewaltigung erfunden: 48-Jährige muss ins Gefängnis

Wegen einer erfundenen Vergewaltigung muss eine 48 Jahre alte Frau für fünf Jahre und sechs Monate ins Gefängnis.
Wegen einer erfundenen Vergewaltigung muss eine 48 Jahre alte Frau für fünf Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Foto: dpa

Mit einer erfundenen Vergewaltigung hatte sie ihren Kollegen für fünf Jahre ins Gefängnis gebracht: Nun muss die inzwischen 48 Jahre alte Frau für fünf Jahre und sechs Monate in Haft.

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Das Landgericht Darmstadt verurteilte das vermeintliche Vergewaltigungsopfer am Freitag wegen schwerer Freiheitsberaubung. „Sie hat Horst Arnold zu Unrecht bezichtigt“, sagte die Vorsitzende Richterin Barbara Bunk in ihrer mehr als einstündigen Begründung. Sie entschuldigte sich für das Fehlurteil aus dem Jahr 2002. „Das ist nicht wiedergutzumachen.“ Aber das Gericht habe damals aufgrund der Beweislage nicht anders entscheiden können.

Wegen einer erfundenen Vergewaltigung muss eine 48 Jahre alte Frau für fünf Jahre und sechs Monate ins Gefängnis.

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Die Frau hatte im Jahr 2002 einen Lehrerkollegen vor Gericht beschuldigt, sie an einer Schule in Reichelsheim im Odenwald vergewaltigt zu haben. Der Mann wurde deshalb zu fünf Jahren Haft verurteilt.

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In einem Wiederaufnahmeverfahren war der Mann dann im Jahr 2011 von dem Vorwurf freigesprochen worden.

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Die Angeklagte war in dem aktuellen Verfahren immer bei ihrer Version geblieben, von ihrem damaligen Kollegen vergewaltigt worden zu sein.

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Der Verteidiger der Frau, Anwalt Torsten Rock, plädierte auf Freispruch.

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Die Lehrerin hatte Arnold 2002 vor einer anderen Kammer des Landgerichts Darmstadt beschuldigt, sie an einer Schule in Reichelsheim im Odenwald vergewaltigt zu haben. Er blieb bis zum letzten Tag in Haft, weil er die von ihm verlangte Einsicht nicht zeigte, sondern stets seine Unschuld beteuert. Ein Wiederaufnahmeverfahren vor dem Landgericht Kassel brachte 2011 einen Freispruch, die Zweifel an den Aussagen des vermeintlichen Opfers nahmen zu.

Die Entschuldigung des Gerichts konnte Arnold nicht mehr hören. Er starb 2012 in Völklingen im Saarland an Herzversagen, ein Jahr nach dem Freispruch. Am Ende lebte er von Hartz IV. Sein Bruder Steffen Arnold (48) nannte die Äußerung des Gerichts „respektvoll“. Seine Mutter war erleichtert. „Ich hoffe, dass ich nun endlich mal zur Ruhe komme“, sagte Helga Arnold (77). „Das ist die erste Entschuldigung, die ich höre.“

Ein wirkliches Motiv für das Drama gibt es nach Ansicht des Landgerichts nicht. Die Konkurrenzsituation am Arbeitsplatz sei nicht der eigentliche Auslöser gewesen. Die Frau habe eine psychische Störung, einen Hang zum maßlosen Übertreiben – und sei Erfinderin skurrilster und abwegigster Geschichten. „Es reicht ihr auch, wenn ihr jemand auf die Füße tritt.“ Zum Vortäuschen ihrer Vergewaltigung habe sie sich Verletzungen selbst zugefügt – „und sie hält ihre Geschichte bis heute durch.“ Mit dem Urteil verliert die vom Dienst suspendierte Lehrerin ihren Beamtenstatus.

Die Verteidigung kündigte an, sehr wahrscheinlich Revision gegen das Urteil einzulegen. „Meine Mandantin war über das Urteil sehr schockiert“, sagte Anwalt Torsten Rock. Er hatte einen Freispruch gefordert.

Die Staatsanwaltschaft war mit dem Urteil zufrieden, sie hatte auf siebeneinhalb Jahre Haft plädiert. Die Verurteilung von Horst Arnold 2002 sei „ein Fehler der Justiz in der Gesamtheit“ gewesen, sagte Oberstaatsanwalt Klaus Reinhardt.