Jamel

Rache für das Engagement gegen Neonazis?

Das Künstlerehepaar Birgit und Horst Lohmeyer vor den Resten der abgebrannten Scheune auf ihrem Forsthof. Foto: dpa
Das Künstlerehepaar Birgit und Horst Lohmeyer vor den Resten der abgebrannten Scheune auf ihrem Forsthof. Foto: dpa

In den Resten der niedergebrannten Scheune eines als Nazi-Gegner bekannten Künstlerpaares in Mecklenburg-Vorpommern haben Ermittler Spuren von Brandbeschleuniger gefunden. Damit steht fest, dass das Feuer vorsätzlich gelegt wurde, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Schwerin, Stefan Urbanek. Wer dafür verantwortlich zu machen ist, ist noch unklar. „Wir ermitteln immer noch gegen unbekannt.“

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Birgit und Horst Lohmeyer engagieren sich in dem von Rechtsextremisten dominierten Dorf Jamel bei Wismar seit Jahren gegen Fremdenhass und für Toleranz. Dafür wurden sie mit mehreren Preisen ausgezeichnet – unter anderem mit dem Bürgerpreis der Deutschen Zeitungen. Ende des Monats soll das Ehepaar für sein Engagement gegen Neonazis mit dem Georg-Leber-Preis für Zivilcourage ausgezeichnet werden.

In der Nacht zum Donnerstag war die Scheune des Hofes in Flammen aufgegangen, die Eheleute vermuten Rechtsextreme hinter der Tat. In Jamel hat sich eine größere Gruppe Neonazis angesiedelt. Die Lohmeyers wurden in den vergangenen Jahren wiederholt von ihnen schikaniert. Urbanek zufolge wurden alle Nachbarn inzwischen zur Brandnacht befragt. Zum Inhalt ihrer Aussagen wollte er sich nicht äußern. Sie werden jetzt ausgewertet. Das Internationale Auschwitz Komitee forderte, der Generalbundesanwalt möge die Ermittlungen an sich ziehen. „Was in Jamel geschieht, hat für Deutschland und für die Strategie der Rechtsextremen exemplarische Bedeutung“, sagte der Exekutivvizepräsident des Komitees, Christoph Heubner. In Jamel sei von Nazis durch Hass und Terror ein rechtsfreier Raum geschaffen worden, der in der rechtsextremen Szene in Deutschland und Europa als leuchtendes Beispiel bejubelt werde.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland zeigte sich schockiert über den Brand. Zentralratspräsident Josef Schuster sagte der Internetausgabe der „Jüdischen Allgemeinen“: „Der Zentralrat der Juden ist schockiert über diese Nachricht. Wir können nur froh sein, dass niemand bei dieser mutmaßlichen Brandstiftung verletzt wurde.“ Für ihr Engagement gegen Rechtsextremisten hatte der Zentralrat der Juden die Lohmeyers vor vier Jahren mit dem Paul-Spiegel-Preis für Zivilcourage ausgezeichnet. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) ging in einer ersten Reaktion von einem Brandanschlag mit rechtsextremem Hintergrund aus. Dafür spreche das Engagement des Ehepaares, erklärte er. Dennoch werde weiterhin in mehrere Richtungen ermittelt.

Die Amadeu Antonio Stiftung rief zu Spenden für die Lohmeyers auf. Jedes Jahr im August veranstaltet das Paar auf seinem Hof ein Festival gegen Rechtsextremismus. In der abgebrannten reetgedeckten Scheune befanden sich technische Geräte, Werkzeuge und Materialien, die dringend dafür gebraucht werden. Damit das Festival in drei Wochen stattfinden kann, wird um Spenden gebeten, um die verbrannten Geräte zu ersetzen. Mit Entsetzen reagierte auch Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, auf die Nachricht vom mutmaßlichen Brandanschlag.

Unsere Berliner Korrespondentin Rena Lehmann hat das Ehepaar im Jahr 2012 besucht. Ihre Reportage lesen Sie unter ku-rz.de/lohmeyers