Michael Defrancesco zur Sterbehilfe: Das Gericht hat klug geurteilt

Von Michael Defrancesco
Michael Defrancesco.
Michael Defrancesco. Foto: RZ

Ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit führen zu können – das ist keine Selbstverständlichkeit, und wir können dankbar sein, dass wir dies in Deutschland tun dürfen.

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Doch wo endet die persönliche Selbstbestimmung und Freiheit? Diese Frage beschäftigt Ethiker, Theologen und Philosophen seit Jahrhunderten. Vereinfacht formuliert endet die persönliche Freiheit in Deutschland dort, wo die Freiheit eines anderen beeinträchtigt würde. Wie sieht es nun bei der Sterbehilfe aus? Wessen Freiheit wird dadurch beeinträchtigt? Oder muss der Staat seine Bürger auch vor sich selbst schützen?

Es ist gut, wenn nun die ethische Debatte Fahrt aufnimmt. Es ist gut, dabei auf sein eigenes Leben zu schauen: Wie gehe ich mit Leid und Krankheit um? Es ist gut, sich mit der Frage des eigenen Sterbens auseinanderzusetzen. Dies ist der Segen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts: Der eigene Tod ist oft ein Tabuthema und wird verdrängt – aber es ist wichtig, dass jeder selbst und auch dass eine Gesellschaft sich mit dem Tod auseinandersetzt. Dass der Tod enttabuisiert wird. Kirchenleute und Ethiker, die das Urteil kommentieren, tun der Gesellschaft einen Gefallen – denn sie zwingen die Menschen dazu, sich selbst ein Urteil zu bilden: Bin ich für Sterbehilfe? Warum bin ich dafür? Oder bin ich dagegen? Warum bin ich das?

Gerade religiöse Menschen haben oft die Erwartung, dass der Staat ihre moralischen Ansichten auch entsprechend in Gesetze zu gießen habe. Doch das ist nicht Aufgabe des Staates in einer säkularen Gesellschaft, in der Kirche und Staat getrennt sind. Das Bundesverfassungsgericht hat klug die Rechtslage abgewogen und den Gesetzgeber auf mögliche Gefahren hingewiesen, wie er verhindern kann, dass Menschen oder Organisationen die Not Sterbender und Angehöriger ausnutzen. Mehr sollte ein freiheitlicher Staat auch nicht tun.

E-Mail: michael.defrancesco@rhein-zeitung.net