Kommentar zu den Sanktionen gegen den Iran: Gesucht wird: die gemeinsame Strategie

Von Kerstin Münstermann
Auf diesem von der Nachrichtenagentur der Islamischen Republik (IRNA) am Sonntag, 16. Oktober 2022, zur Verfügung gestellten Foto ist ein Gebäude nach einem Brand auf dem Gelände des Ewin-Gefängnisses zu sehen. Im Ewin-Gefängnis ist bei einem Konflikt zwischen Inhaftierten und Sicherheitspersonal ein Feuer ausgebrochen.
Auf diesem von der Nachrichtenagentur der Islamischen Republik (IRNA) am Sonntag, 16. Oktober 2022, zur Verfügung gestellten Foto ist ein Gebäude nach einem Brand auf dem Gelände des Ewin-Gefängnisses zu sehen. Im Ewin-Gefängnis ist bei einem Konflikt zwischen Inhaftierten und Sicherheitspersonal ein Feuer ausgebrochen. Foto: picture alliance/dpa/Islamic Republic News Agency IRNA/AP |

Die Bilder des brennenden Evin-Gefängnisses in der iranischen Hauptstadt Teheran gehen unter die Haut. Was genau dort passiert ist und wie viele Opfer es gegeben hat, ist nach wie vor unklar. Doch nicht nur die Angehörigen von Insassen dachten an ein mögliches staatlich gelenktes Massaker, um ein Exempel der Abschreckung zu statuieren. Es war die jüngste Eskalation in dem seit einem Monat andauernden Versuch des iranischen Regimes, den Reformwillen der eigenen Bevölkerung zu brechen.

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Unter dem Eindruck der Bilder stand auch SPD-Chefin Saskia Esken, als sie am Sonntagabend ein Ende der Gespräche zum iranischen Atomabkommen forderte.

Der Wunsch nach klarer Kante ist zwar nachvollziehbar, aber es war auch eine eilig formulierte Forderung, die mit stringenter Außenpolitik wenig zu tun hat. Prompt kam Widerspruch von Auslandsexperten der SPD: Der Iran bedrohe mit Atombomben vor allem seinen Erzfeind Israel und die regionale Stabilität.

Zwar stecken die Atomgespräche zwischen Deutschland, Russland, China, Frankreich und Großbritannien mit dem Iran seit Monaten fest. Und die USA nehmen an den Verhandlungen über eine Wiederbelebung des Atomabkommens von 2015 nur noch indirekt teil. Doch ja, es ist richtig, dass die Biden-Administration allen Vorbehalten zum Trotz die Verhandlungen zunächst fortsetzen will. Ein Rüstungswettlauf im Nahen Osten muss unbedingt vermieden werden – dafür sollte jede Möglichkeit ausgelotet werden.

Doch die Äußerungen der SPD-Chefin treffen einen wunden Punkt. Es gibt nämlich keine gemeinsame Strategie des Westens, wie mit dem Regime im Iran umzugehen ist. Am Montag trafen sich nun die EU-Außenminister und rangen sich dazu durch, Sanktionen unter anderem gegen die iranische Sittenpolizei zu verhängen, Einreiseverbote auszusprechen und Vermögen einzufrieren. Doch reicht das aus?

Der Weg ist der richtige. Es müssen zielgenaue Aktionen gegen die Führungselite sein, die sich einem Reformprozess verweigert. Dafür braucht es ein stärker abgestimmtes Vorgehen zwischen der EU und den USA. Denn der Westen ist für die Mächtigen des Iran durchaus ein beliebter Aufenthaltsort für die eigenen Familien, und westliche Banken sind der Anlageort für ihr Vermögen. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden.

Ob sich die Zeit der Mullahs dem Ende neigt, kann derzeit keiner voraussagen. Aber die Menschen im Iran, von denen manche ihren Mut mit ihrer Freiheit, ihrer Gesundheit oder sogar ihrem Leben bezahlen, müssen mehr sehen als warme Worte der Unterstützung.

E-Mail: kerstin.münstermann@rhein-zeitung.net