Kommentar: Obama setzt auf Trumpfkarte im Pokerspiel mit Putin

<a href="http://www.rhein-zeitung.de/suche_cosearch,%2B%22Frank+Herrmann%22_cosort,modDesc_dateFrom,1376863200000_dateRange,default_dateTo,1408399200000.html" target="_blank">Korrespondent Frank Herrmann schreibt &gt;&gt; Berichte, Analysen, Reportagen und Kommentare für die Rhein-Zeitung</a>
 

Barack Obama hat, als er noch Provinzsenator in Illinois war, ziemlich erfolgreich Poker gespielt.

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Frank Herrmann kommentiert

Nervenstark wie ein Profi, mit unergründlicher Miene, sagen Zeitgenossen, die ihn von damals kennen. Vor der Presse im Weißen Haus spielte er beim Merkel-Besuch in Washington eine Fernpartie Poker gegen Wladimir Putin, der sich durch Wirtschaftssanktionen anscheinend nicht beeindrucken lässt. Sehr darauf bedacht, den russischen Präsidenten nicht in sein Blatt schauen zu lassen. Waffenlieferungen an die Ukraine seien eine Option, nichts sei entschieden, nichts ausgeschlossen: Solche Sätze dienen allein dem Ziel, vor dem Vierergipfel in Minsk den Druck zu erhöhen, Putin vor Augen zu führen, mit welchem Einsatz hier gespielt wird, dass er sich auf der Verliererstraße befindet, wenn er jetzt nicht einlenkt.

Und so demonstrativ sich Obama und Merkel um Einigkeit bemühten, in ein paar Nuancen ließen sie durchblicken, wie intensiv wohl gerade diskutiert wird hinter den amerikanisch-europäischen Kulissen. Die Kanzlerin sieht keine militärische Lösung in der Ukraine. Der US-Präsident beurteilt die Lage zwar ähnlich, auch er macht sich keine Illusionen über die Kräftebalance, bei der selbst eine aufgerüstete ukrainische Armee einem Russland, das sich mit voller Macht hinter die Rebellen stellt, in keinem Fall Paroli bieten kann.

Doch anders als Merkel zieht er daraus nicht den Schluss, dass Waffen für Kiew der falsche Schritt wären. Es liegt nicht nur und auch nicht hauptsächlich am innenpolitischen Druck, der auf ihm lastet. Gewiss, republikanische Falken wie John McCain bestimmen in Washington gerade den Ton, zumal sie überaus präsent sind vor den Fernsehkameras. Aber das zwingt Obama nicht wirklich zum Handeln. Widerspruch härtester Art gehört sowieso zur US-Debattenkultur, und dass die Demokraten des Weißen Hauses und die Republikaner im Kongress in einer außenpolitischen Krise unterschiedliche Akzente setzen, ist nichts Neues.

Obama müsste nicht vor aller Welt mit dem Gedanken an Waffenlieferungen spielen, die Debatte in seinem Kabinett könnte strikt hinter verschlossenen Türen ablaufen. Dass er es dennoch tut, liegt daran, dass er es will. Er hofft auf eine neue Trumpfkarte im Nervenspiel mit Putin.

E-Mail: frank.herrmann@rhein-zeitung.net