Koblenz zwischen Derby und Insolvenz
Nach den indiskutablen ersten 90 Minuten der Saison und dem daraus resultierenden 1:4 machten nach dem Abpfiff noch in den Katakomben des Koblenzer Stadions schnell despektierliche Äußerungen die Runde. „Die TuS hat gespielt wie ein Absteiger“, war ein häufig gebrauchter Satz. Vor 1218 Zuschauern brachte Amodou Abdullei den Gastgeber zwar früh in Führung, doch dann spielte nur noch Engers. Aleksandar Naric (, Lukas Klappert, Christian Wiersch und Kristijan Grzobic drehten den Spieß noch deutlich um. An diese Lehrstunde mag Dzaka nicht gerne zurückdenken: „Was gestern war, interessiert mich nicht. Die Situation jetzt ist mit der von damals nicht vergleichbar. Diesmal ist es ein 50:50-Spiel, Kleinigkeiten werden vielleicht entscheiden. Wir versuchen zu gewinnen, wissen aber auch, dass Engers nicht umsonst weit oben in der Tabelle steht.“ Eines hat die TuS dem kommenden Gegner auf jeden Fall voraus: Die Schängel stehen seit dem 5:3 nach Elfmeterschießen gegen Eintracht Trier bereits im Rheinlandpokal-Halbfinale – ein Schritt, den der FVE erst noch gehen muss: Am kommenden Mittwoch steht das zwei Wochen zuvor wegen Nebels ausgefallene Spiel beim Verbandsligisten SV Mehring erneut auf dem Programm.
Seit dem Auftakt im Sommer ist der Abstand zwischen den räumlich nur 18 Kilometer voneinander angesiedelten Kontrahenten übrigens im Prinzip gleichgeblieben. Die TuS sammelte seit jenem Duell am 27. Juli lediglich zwei Zähler weniger als der aktuelle Dritte des Tableaus – und hat ja auch noch das mögliche Nachholspiel beim VfB Dillingen in der Hinterhand. Da gibt es aktuell keinen neuen Sachstand. Peter Schilling, Leiter des Seniorenspielbetriebs bei der TuS, sagt: „Seitdem der Gegner am Anfang der vergangenen Woche Berufung gegen das Urteil eingelegt hat, haben wir weder vom Verband noch von Dillingen etwas gehört.“
Ob sich die Verlautbarungen der vergangenen Tage rund um die Gläubigerversammlung in irgendeiner Form aufs Trainerteam und die Koblenzer Mannschaft ausgewirkt haben? Dzaka äußert sich da eher positiv: „Ich konzentriere mich mit meiner Mannschaft auf das Sportliche. Eine Insolvenz ist ja nie einfach. Aber ich denke, wir sind da auf einem guten Weg. Das freut mich. Wir müssen weiter daran arbeiten, verlorenes Vertrauen zurückzuholen und neue Unterstützer gewinnen.“ Sein erstes Teilziel hat Peter Theile, der Insolvenzverwalter von TuS Koblenz, erreicht: Der Spielbetrieb ist bis zum Ende der laufenden Saison ist gesichert – sofern die eingetriebenen Sponsorengelder dafür reichen. In der ersten Gläubigerversammlung einigten sich die anwesenden Gläubiger des insolventen Vereins, sich am 4. Juni des kommenden Jahres erneut zu treffen. Dann soll darüber abgestimmt werden, ob Theile mit der Erstellung eines Insolvenzplans beauftragt wird, in dem unter anderem festgelegt werden soll, mit welcher Rückzahlungsquote die Gläubiger für ihre Forderungen rechnen dürfen.
Neben Hauptgläubiger Frank Linnig, der bekanntlich mit 930.000 Euro den Löwenanteil der insgesamt rund 1,5 Millionen Euro betragenden Forderungen an die TuS stellt, war bei dem Termin vor dem Amtsgericht Koblenz nur eine Handvoll der insgesamt 65 Gläubiger anwesend: neben Vertretern des Finanzamts und eines Sicherheitsdiensts auch das ehemalige TuS-Präsidiumsmitglied Hannes van Heesch.
Sie wurden von Insolvenzverwalter Theile zunächst über die Gründe für die Insolvenz, den derzeitigen Stand des Verfahrens und die Vermögenslage des Vereins informiert. Trauriges Ergebnis: Momentan ist bei der TuS kein Restvermögen vorhanden, aus dem die Gläubiger-Forderungen auch nur zu einem geringen Prozentsatz bedient werden könnten. Die Zeit bis zum kommenden Juni und darüber hinaus will Theile nutzen, um möglichst viele Gönner des Vereins dazu zu bewegen, „auf breiter Basis“ in die Insolvenzkasse einzuzahlen.
Linnig, der dem Verein als Sponsor und Präsidiumsmitglied über lange Jahre eng verbunden war und nach eigenem Bekunden auch einige Missstände der Vergangenheit mit zu verantworten hat, scheint weiter entschlossen, die TuS nicht so einfach davonkommen zu lassen. „Ich bin noch entschlossener, an meinem Weg festzuhalten“, kündigte der PR-Unternehmer an. „Mir geht es nicht um Rache, sondern um die konsequente Durchführung von Entscheidungen, die ich unter dem Eindruck der letzten Jahre als notwendig ansehe.“ bhm/kif