Folgenreicher Förderstopp für internationale Projekte: Klimaforschung unerwünscht?
Es ist eine Hiobsbotschaft für viele Wissenschaftler: Die BioTip-Projekte werden vom Bundesforschungsministerium nicht weiter gefördert. Das geht aus einem offenen Brief an Ministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hervor.„Unsere Arbeiten in Peru über die Anpassung der Kleinfischerei an den Klimawandel werden durch die Entscheidung zum Hobby degradiert oder ganz abgewürgt. Die Forschungen werden im entscheidenden Moment abgebrochen“, berichtet Michael Flitner von der Uni Bremen unserer Zeitung. Er ist Sprecher des Forschungszentrums Nachhaltigkeit und einer der Wissenschaftler, die den offenen Brief unterzeichnet haben.
Die Konsequenzen reichen Flitner zufolge über die jeweiligen Projekte hinaus. Denn Nachwuchswissenschaftler würden ihre Stellen verlieren, die persönlichen Arbeitsbeziehungen seien dahin. Eine gewisse Kontinuität solcher Beziehungen sei aber zentral, um zu Lösungen im Blick auf die sozial-ökologischen Probleme zu kommen, sagt Flitner.
Kurzsichtige Entscheidung der Politik?
Auch für Astrid Dannenberg, Professorin für Umwelt- und Verhaltensökonomik an der Universität Kassel, bedeutet diese Entscheidung, dass sie den Vertrag ihres Doktoranden nicht verlängern kann. „Ich muss daher ein anderes Projekt oder eine andere Finanzierung für ihn finden.“ Die Begründung des BMBF, neue Schwerpunkte auf Forschung mit schnelleren Effekten zu setzen, findet sie „problematisch“. Unter anderem, weil langfristige Krisen wie der Klimawandel zu den schwerwiegendsten Problemen unserer Zeit gehörten;
Diese kurzsichtige Vorgehensweise ist unverantwortlich, gerade wenn sie von dem Ministerium betrieben wird, welches für Grundlagenforschung zuständig ist .
Astrid Dannenberg, Professorin für Umwelt- und Verhaltensökonomik an der Universität Kassel
Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) hat unterdessen eine Reduzierung von Stipendien und anderen Angeboten angekündigt und begründet das mit Mittelkürzungen durch die Bundesregierung. Demzufolge stellt das Auswärtige Amt (AA) dem Austauschdienst im Jahr 2023 nicht mehr rund 201 Millionen Euro wie 2021 zur Verfügung, sondern nur noch etwa 191 Millionen Euro. In der Folge werden die Fördermöglichkeiten für Hochschulen, Studierende und Wissenschaftler über Jahre reduziert.
Tausende Stipendien könnten wegbrechen
Laut Stefan Grob, Sprecher des Deutschen Studentenwerks, ist zu befürchten, dass 6000 Stipendien wegfallen. Doch gerade die Finanzierung des Studiums stelle für internationale Studierende eine der größten Herausforderungen in Deutschland dar. Und auch für deutsche Studierende, die ein Auslandsstudium anstreben, sieht Grob in den Kürzungen ein Problem. „Das ist ein Rückschritt in der internationalen Studierendenmobilität“, kritisiert er, „angesichts der Folgen des Ukraine-Krieges müsste man die Bemühungen um internationalen Austausch vielmehr intensivieren.“
Weitere Kürzungen
Auch der Haushalt des Auswärtigen Amts ist von Einsparungen betroffen. Konkret fallen die Mittel für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik auf 1,027 Milliarden Euro zurück, während sie 2021 noch bei 1,077 Milliarden Euro lagen. Der Bundeshaushalt ist allerdings noch nicht final beschlossen.
Warum sollen Mittel dennoch gekürzt und Förderungen nicht verlängert werden? Im Forschungsministerium argumentiert man mit „neuen unvorhergesehenen Herausforderungen“ durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. „Im Rahmen der zu treffenden Haushaltsentscheidungen hat das BMBF sich unter anderem gegen neue Projekte im Förderschwerpunkt BioTip entschieden“, erklärt eine Ministeriumssprecherin auf Nachfrage.