Brüssel

„Europa ist engster Partner“: Krim-Krise treibt Obama in Europas Arme

Stilles Gedenken an die im Ersten Weltkrieg gefallenen US-Soldaten: US-Präsident Barack Obama (2. von links), der belgische König Philippe (2. von rechts) und Premierminister Elio Di Rupo (rechts) erinnern im belgischen Waregem gemeinsam an das große Sterben.  Foto: dpa
Stilles Gedenken an die im Ersten Weltkrieg gefallenen US-Soldaten: US-Präsident Barack Obama (2. von links), der belgische König Philippe (2. von rechts) und Premierminister Elio Di Rupo (rechts) erinnern im belgischen Waregem gemeinsam an das große Sterben. Foto: dpa

Der Präsident kann gar nicht genug Freundlichkeiten in seinen kurzen Worten vor den Journalisten unterbringen. Europa ist „unser engster Partner“, sagt Barack Obama in Brüssel. Die EU ist der „Eckstein unseres Engagements in der Welt“. Man sei „Freunde“, verfolge „die gleichen Ziele“, habe „die gleichen Werte“.

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Von unserem Brüsseler Korrespondenten Detlef Drewes

Gleich nebenan stehen die beiden Präsidenten José Manuel Barroso (Europäische Kommission) und Herman Van Rompuy (Europäischer Rat) und können bei so viel Überschwänglichkeit kaum mithalten. „Die USA sind unser engster Verbündeter“, schafft es Van Rompuy wenigstens einmal, die unerwartete Herzlichkeit mit gleicher Münze zurückzugeben.

Schulterschluss heißt das Motto dieses EU-USA-Gipfels. Niemand will etwas vom jüngsten Krach oder gar Zerwürfnissen wissen. Als Obama auf die Kritik am Freihandelsabkommen angesprochen wird, antwortet er sogar persönlich: „Ich habe mein ganzes politisches Leben für mehr Verbraucherschutz gekämpft“, entgegnet er der spürbaren Skepsis des Fragestellers. „Ich habe nicht die Absicht, ein Gesetz zu unterzeichnen, das den Verbraucherschutz oder den Umweltschutz verringert.“

Dann bittet er um ein wenig mehr Vertrauen: Es gebe Kritik, räumt er ein. „Man sollte sich aber nicht über bestimmte Punkte des Handelsabkommens erregen, bevor sie überhaupt formuliert wurden.“ Nicht einmal die Abhöraffäre rund um den US-Geheimdienst NSA vermag es, dieses Treffen nachhaltig zu stören. Man werde bis zum Sommer ein Abkommen unterzeichnen, das „Klarheit bringt und Vorwürfe ausräumt“.

Im Mittelpunkt aber steht die Krim-Krise. Mehrfach lobt der US-Präsident die europäischen Partner, mit denen man sich auf eine gemeinsame Linie für Sanktionen gegen Moskau verständigt habe, die „der russischen Wirtschaft schaden werden“. Selbstverständlich wolle auch Washington keine Eskalation, keinen neuen Kalten Krieg. Aber man bestehe darauf, dass Russland sich verpflichtet, das internationale Recht anzuerkennen und die Integrität der Ukraine zu garantieren. „Die Lage in diesem Land erinnert uns daran, dass Freiheit nicht kostenlos ist“, sagt Obama.

Dennoch übergeht er allzu großzügig jene positiven Signale, die die europäische Seite ausgemacht hat. Ratspräsident Van Rompuy nennt die russische Zustimmung zu einer OSZE-Beobachtermission ein „positives Signal aus Moskau“. Bei Obama kommen solche Andeutungen nicht einmal vor.

Über die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen heißt es, dass der US-Präsident tatsächlich werbend auf die EU-Spitze zugegangen sei. Anders als bei früheren Gipfeltreffen, bei denen die US-Seite die EU-Vertreter entweder „über den Tisch ziehen oder vereinnahmen“ wollte, habe man sich nun erstmals wie ein gleichberechtigter Partner behandelt gefühlt. Diese Basis sei neu und könne ausgebaut werden – gerade durch die beiden großen Abkommen zu Datenschutz und Freihandel, die bis Sommer unterschriftsreif sein sollen.