Rheinland-Pfalz/Berlin

DNA-Spuren zur Hautfarbe: Kippt das Verbot?

Nach dem Mord an einer Freiburger Studentin war es auch ein Haar, das eine entscheidende Spur zu dem tatverdächtigen Afghanen (17) lieferte. Jetzt fordern Freiburgs Polizeipräsident Bernhard Rotzinger und der Stuttgarter Präsident des Landeskriminalamts, Ralf Michelfelder, DNA-Material von einem Tatort umfassender auswerten zu können – bis hin zur Hautfarbe. „Das würde einen großen Schritt nach vorne bringen.“

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Bisher darf von DNA-Spuren nur das Geschlecht bestimmt werden, nicht aber Augen-, Haar

- oder Hautfarbe. Dafür müssten Gesetze erst geändert werden. Technisch sei auch möglich, mit einen großen gewisser Wahrscheinlichkeit Informationen zu Alter, Gewicht, Größe und zur biogeografischen Herkunft zu gewinnen, sagt Michelfelder und ergänzt: „Es könnten viele Unverdächtige geschont werden.“ Es spare auch Zeit, wenn sich die Suche nach dem möglichen Täter eingrenzen lässt.

Bisher tausende Fälle mit DNA-Analyse aufgeklärt

Die DNA ist der Träger der menschlichen Erbsubstanz. Um die Identität eines Menschen nahezu sicher festzustellen, reichen Hautschuppen, Haare, Sperma oder Speichelreste. Beim Bundeskriminalamt wurde 1998 eine zentrale DNA-Analyse-Datei eingerichtet. Sie speichert, Daten von Beschuldigten, verurteilten Straftätern und gesicherten Spuren. Damit konnten nach Angaben des Bundesinnenministeriums rund 1360 Tötungsdelikte, 2370 Sexualstraftaten, 8200 Raub- und Erpressungsfälle sowie 94.200 Diebstahldelikte aufgeklärt werden.

Der Präsident des Landeskriminalamts Baden-Württemberg, Ralf Michelfelder, fordert erweiterte DNA-Analysen.
Der Präsident des Landeskriminalamts Baden-Württemberg, Ralf Michelfelder, fordert erweiterte DNA-Analysen.
Foto: dpa
Inzwischen lassen sich Augen-, Haar- oder Hautfarbe nach Darstellung des Stuttgarter Justizministeriums mit einer Vorhersagegenauigkeit von 75 bis 98 Prozent ermitteln. Der Mainzer Justizminister Herbert Mertin (FDP), auch langjähriges Mitglied im Ethikrat, ist nicht grundsätzlich dagegen, über eine erweiterte DNA-Analyse zu diskutieren. Vorstellbar ist sie für ihn allerdings nur bei schweren Straftaten – etwa analog des Straftatenkatalogs, der auch Telefonüberwachung oder ein Lauschangriff erlaubt. Mertin hält es wie Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) für sinnvoll, das Thema bei der Konferenz der Justizminister von Bund und Ländern am 21./22. Juni im pfälzischen Deidesheim ausführlich zu diskutieren und auch verfassungsrechtlich auszuloten.

Vor der Tat von Freiburg ist die Auswertung hoch sensibler Daten kaum gefordert und öffentlich diskutiert worden. Befürworter der Methode argumentieren, dass bei schweren Straftaten DNA-Spuren oftmals die einzigen Beweismittel sind und die Niederlande mit erweiterten DNA-Analysen seit Jahren gute Erfahrungen machen.

Wie eine Filmaufnahme?

Der baden-württembergische Justizminister Guido Wolf (CDU) vergleicht DNA-Analysen im Prinzip mit Fällen, in dem jemand bei einer Straftat zufällig gefilmt oder fotografiert wird. Auch da versuche man, alle erkennbaren Merkmale des Täters zu identifizieren.

Bei der DNA geht es um den Kern menschlicher Existenz. Daher erklären Juristen auch mit verfassungsrechtliche Skrupeln, dass das Gesetz aus den 90er-Jahren nur eingeschränkte Analysen erlaubt. Aber Professor Manfred Kayser vom Institut für Genetische Identifikation der Erasmus Universität Rotterdam erklärt sich diese Tatsache ganz einfach mit dem damaligen Stand der Forschung. Er verwies im Deutschlandfunk auf das niederländische Gesetz, das Missbrauch ausschließe, aber erlaube, auch die geografische Abstammung eines Spurenlegers festzustellen.

Allerdings: Nicht jede DNA-Spur führt direkt zum Täter. Ein einzelnes Kopfhaar etwa kann am Tatort auch von einem Unbeteiligten stammen oder eingeschleppt werden. Den Fahndern geht es um Fälle, in denen die erweiterte Analyse hilft, den denkbaren Täterkreis einzugrenzen.

Ursula Samary