Bundesparteitag: Grüne gehen deutlich auf Distanz zur Union

Spitzenkandidat Jürgen Trittin (Grüne) nannte CSU-Mitglieder beim Parteitag „korrupte Amigos“ – Koalition ausgeschlossen. 
Spitzenkandidat Jürgen Trittin (Grüne) nannte CSU-Mitglieder beim Parteitag „korrupte Amigos“ – Koalition ausgeschlossen.  Foto: dpa

Berlin – Am Ende zählten die Schnittmengen. Und die seien mit der SPD am größten. Nicht mit der CDU, nicht mit der Linken und nicht mit der FDP. Spitzenkandidat Jürgen Trittin hat zum Auftakt des Bundesparteitags der Grünen für ein rot-grünes Bündnis geworben und die geplanten Steuererhöhungen gegen Kritik aus der eigenen Partei verteidigt.

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Berlin – Am Ende zählten die Schnittmengen. Und die seien mit der SPD am größten. Nicht mit der CDU, nicht mit der Linken und nicht mit der FDP. Spitzenkandidat Jürgen Trittin hat zum Auftakt des Bundesparteitags der Grünen für ein rot-grünes Bündnis geworben und die geplanten Steuererhöhungen gegen Kritik aus der eigenen Partei verteidigt.

Von unserer Berliner Korrespondentin Rena Lehmann

Die 820 Delegierten wollen bis Sonntag ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl verabschieden – dazu gibt es 2600 Änderungsanträge. Der Realo-Flügel der Grünen hatte davor gewarnt, dass das Programm als wirtschaftsfeindlich wahrgenommen werden könnte. Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckhardt forderte die Grünen auf, sich „auf unsere Inhalte festzulegen“ statt auf Koalitionspartner. Ein Antrag, von einem klaren Bekenntnis zu Rot-Grün im Wahlprogramm abzurücken, fand keine Mehrheit.

Kretschmann sorgt für Unmut

Für Unmut hatte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Vorfeld des Treffens gesorgt. Er hatte davor gewarnt, überzogene Steuererhöhungen zu beschließen. „Ich glaube nicht, dass man in einer Legislaturperiode mehr als zwei Steuern erhöhen kann“, erklärte der einflussreiche Landeschef im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“. Er halte eine „zu hohe Gesamtbelastung für problematisch“. Der Entwurf für das Wahlprogramm sieht vor, den Spitzensteuersatz auf 49 Prozent zu erhöhen, eine Vermögensabgabe zur Schuldentilgung und dauerhaft eine Vermögensteuer einzuführen.

Kleine und mittelständische Unternehmen würden im Gegenteil in „einer Größenordnung von einer Milliarde entlastet“ und nicht stärker belastet, hielt Trittin der Kritik in einer eher blassen Auftaktrede entgegen. Unter anderem sind bessere Abschreibungsmöglichkeiten für Forschung und Innovationen vorgesehen, dozierte er. 90 Prozent der kleinen und mittelständischen Unternehmen seien von der geplanten Vermögensabgabe gar nicht betroffen.

Das Programm sieht aus seiner Sicht eine Vermögensabgabe „nach Maß vor“. Auch dies eine Spitze in Richtung Kretschmann, der ausgeführt hatte, in Baden-Württemberg mit „Maß und Mitte“ gewonnen zu haben. Kretschmann hatte auch eine Festlegung auf ein rot-grünes Bündnis im Wahlprogramm kritisiert. Er mahnte einen „eigenständigen grünen Wahlkampf an“. Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt legte sich dann auch weniger deutlich als Trittin auf Rot-Grün fest. „Wir machen unseren Wahlkampf nicht im Windschatten der SPD“, sagte sie. „Wir sind der Wind“, rief sie den rund 800 Delegierten in einer kämpferischen Rede zu, in der sie allerdings auch deutlich auf Distanz zur Union ging.

Auf Eigenständigkeit beharrt

Vor allem aber beharrte sie auf eigenen Akzenten. „Wir lassen uns nicht anbaggern, und schöne Augen haben wir selbst“, sagte sie in Anspielung auf ein zuletzt diskutiertes schwarz-grünes Bündnis. Man könne sich „über die Fehler der SPD ärgern“. Auch über „Steinbrücks tapsige Auftritte“ könne man sich ärgern. Trotzdem dürften sich die Grünen nicht „von irgendwelchen Zahlenmeistern und Propheten die Laune und den Mut verderben lassen“. Eine Forsa-Umfrage unter Grünen- und Unionswählern hatte in dieser Woche ermittelt, dass sich eine Mehrheit ein schwarz-grünes Bündnis durchaus vorstellen könnte. Zuletzt knirschte es zwischen den Wunschpartnern Rot und Grün durchaus heftig. Am Donnerstag hatten die Grünen einen Antrag der SPD für einen NPD-Verbotsantrag des Bundestages etwa nicht mitgetragen.

Die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke bezeichnete Kretschmanns Kritik am Entwurf für das Wahlprogramm als „völlig übertrieben“. „Wir überfordern die Unternehmen nicht. Unser Programm ist nicht wirtschaftsfeindlich“, sagte Lemke unserer Zeitung zu Beginn des Parteitreffens. Kretschmann wird am Sonntag auf dem Parteitreffen sprechen. Am heutigen Samstag wird SPD-Chef Sigmar Gabriel auftreten. Es ist damit zu rechnen, dass er in der Koalitionsfrage noch einmal Klartext redet.