Rheinland-Pfalz

AfD-Triumph in Hessen: Schockwellen bis Mainz

Sorgenvolle Mienen beim hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (links) und Generalsekretär Manfred Pentz (beide CDU).
Sorgenvolle Mienen beim hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (links) und Generalsekretär Manfred Pentz (beide CDU). Foto: dpa

Eine Woche vor der rheinland-pfälzischen Landtagswahl hat die AfD gezeigt, wie stark ihr Rückhalt in der Bevölkerung mittlerweile ist. Bei der Kommunalwahl in Hessen stieg sie landesweit wohl zur drittstärksten politischen Kraft auf. Das lässt erahnen, was Rheinland-Pfalz in wenigen Tagen blühen könnte.

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Von unserem Redakteur Dietmar Brück

Entsprechend groß war die Ernüchterung bei den etablierten Parteien. Das hessische Wahlergebnis, einem politischen Beben gleich, sandte Schockwellen tief in die rheinland-pfälzische Landespolitik hinein aus.

In Rheinland-Pfalz liegt die AfD derzeit bei um die 9 Prozent. All jene, die lange glaubten, dass die Wähler am Ende doch davor zurückschrecken würden, ihr Kreuzchen bei der emporstrebenden Partei zu machen, müssen das hessische Ergebnis als Schlag ins Gesicht empfinden. Und es könnte noch härter kommen.

Politikwissenschaftler wie Gerd Mielke schließen nicht aus, dass die AfD mehr Anhänger hat, als sich an den aktuellen Erhebungen ablesen lässt. „Man hält sich in Umfragen eher bedeckt“, sagte der Mainzer Politologe im Gespräch mit unserer Zeitung. Für ihn ist es ein „klassisches Phänomen“, dass Befragte sich bei heiklen Themen so verhalten, „dass sie nicht aus dem normativen Bereich herausdefiniert werden“. Etwas weniger wissenschaftlich ausgedrückt: Sie bekennen keine Farbe. Das geschieht dann aber später im Schutz der Wahlkabine.

Köbler: Erschreckender Rechtsruck

Politiker von SPD, CDU und Grünen zeigten sich gegenüber unserer Zeitung angesichts der hessischen Verhältnisse erschüttert. „Das ist ein richtiger Schock“, meinte SPD-Generalssekretär Jens Guth. „Davon kann niemand begeistert sein“, sagte CDU-Generalsekretär Patrick Schnieder. Und Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler erklärte: „Dieser Rechtsruck in Hessen ist einfach nur erschreckend.“ Nur die rheinland-pfälzische AfD frohlockte: „Gerade in den Großstädten überraschte die AfD alle.“ Landeschef Uwe Junge: „Dieses Signal spornt uns an.“

Die im Landtag etablierten Parteien hoffen nun, dass der kommunale Durchmarsch der AfD in Hessen zu einem Weckruf für Rheinland-Pfalz wird. „Alle Demokraten müssen jetzt wählen gehen“, meinten Guth, Schnieder und Köbler unabhängig voneinander – mit nur geringfügig abweichenden Formulierungen. Auch im Mainzer Landtag waren sich die drei Parteien in dieser Frage stets einig gewesen.

In der Tat wurde die AfD bei der hessischen Kommunalwahl von dem doch eher niedrigen Wahlinteresse begünstigt. Jeder zweite Wahlberechtigte verweigerte die Stimmabgabe. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 48 Prozent.

„Wir tun alles, damit möglichst viele Menschen wählen gehen“, kündigte Jens Guth an. Aber auch CDU, Grüne und FDP rühren die Mobilisierungstrommeln. Politikwissenschaftler Gerd Mielke: „Je niedriger die Wahlbeteiligung, desto mehr ist das Potenzial der Protestwähler wert.“ Politikbeobachter hegen die Hoffnung, dass in Rheinland-Pfalz am 13. März überdurchschnittlich viele Bürger zur Wahlurne schreiten. Das packende Rennen zwischen SPD und CDU sowie zwischen den Spitzenkandidatinnen Malu Dreyer (SPD) und Julia Klöckner (CDU) sorgt für großes Interesse. Und die Flüchtlingskrise hat viele Menschen politisiert.

In der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden, einen Katzensprung von Mainz entfernt, holte die AfD aus dem Stand 12,8 Prozent. In Gießen erreichte sie knapp 13 Prozent, in Frankfurt gut 10 Prozent und in Darmstadt gut 12 Prozent. Die exakten Resultate stehen zum Teil noch aus.

Dauerpräsenz in den Städten?

Setzt sich die AfD also auf Dauer in den großen Städten fest? Viele Beobachter sind skeptisch. Die hessische AfD machte durch zahlreiche Querelen Schlagzeilen. Zudem ist die kommunale Basis dünn. Die Partei hat in ganz Hessen nur knapp 2000 Mitglieder. Weiterhin stellt sich die Frage, ob die junge Partei zugkräftige Themen findet, die über die Asyl- und Flüchtlingspolitik hinausreichen.

Im einzigen Wahlkreis, in dem die AfD nicht angetreten war, profitierte übrigens die NPD. Die rechtsextreme Partei kam im mittelhessischen Büdingen auf mehr als 14 Prozent (plus 12 Punkte). Die Kleinstadt beherbergt eine der größten Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge in Hessen.