Koblenz/Landau

Studie: Nano-Teilchen erdrücken Wasserflöhe

Unerwünschte Oberflächenbeschichtung: Nanomaterial lagert sich an einen Wasserfloh an - und der wird es nach einer Studie nicht mehr los und stirbt. Die bisherigen Standardtests hatten das nicht gezeigt.
Unerwünschte Oberflächenbeschichtung: Nanomaterial lagert sich an einen Wasserfloh an - und der wird es nach einer Studie nicht mehr los und stirbt. Die bisherigen Standardtests hatten das nicht gezeigt. Foto: André Dabrung/Uni Koblenz

Nanotechnologie wächst stark, die Mini-Teilchen sind mit großen Hoffnungen und Erwartungen verknüpft. Eine Studie von Wissenschaftlern der Uni Koblenz-Landau und der Bundesanstalt für Gewässerkunde kommt aber zu ist aber zu alarmierenden Erkenntnissen. Nanomaterialien können Kleinstlebewesen quasi erdrücken – und bisherige Tests zu dem Risiko waren ungeeignet.

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Koblenz/Landau – Nanotechnologie wächst stark, die Mini-Teilchen sind mit großen Hoffnungen und Erwartungen verknüpft. Eine Studie von Wissenschaftlern der Uni Koblenz-Landau und der Bundesanstalt für Gewässerkunde kommt aber zu ist aber zu alarmierenden Erkenntnissen. Nanomaterialien können Kleinstlebewesen quasi erdrücken – und bisherige Tests zu dem Risiko waren ungeeignet.

Sie sind in Lippenstiften, in Cremes, in Verpackungen – winzig kleine Titandioxid-Partikel, die dazu dienen, gegen Keime zu wirken oder auch gegen UV-Licht zu schützen. Doch diese Teile können Kleinstlebewesen in den Tod reißen, weil sie sich an sie andocken. „Eine physikalische Beeinträchtigung von Wasserorganismen durch Nanopartikel war bislang nicht bekannt“, so der Ökotoxikologie-Professor Ralf Schulz von der Koblenz Uni-Landau. Was die Forscher bei Wasserflöhen festgestellt haben, kann weitreichende Folgen haben, nach Ansicht der Autoren lässt sich auf weitere schädliche Auswirkungen schließen. „Durch die mechanische Beeinträchtigung könnten auch andere Organismen im Wasser geschädigt werden, was sich über die Nahrungskette auf die Lebensgemeinschaften insgesamt auswirken könnte.“

Die Wissenschaftler hatten einfach den Zeitraum bisheriger Tests ausgedehnt: Während die bisherigen Standardtests beobachten, was Titandioxid binnen 48 Stunden auslöst – nämlich keine gravierenden Folgen – dehnten die Forscher den Beobachtungsszeitraum auf bis zu 96 Stunden aus. Wie unter normalen Umständen häuteten sich die Wasserflöhe nach 36 Stunden, streiften damit auch die Nanopartikel ab. Alles scheint gut.

Doch bereits nach 60 Stunden hatten die Nanopartikel sich wieder an den Kleinstlebewesen gruppiert. Jetzt schafften nur noch zehn Prozent der Wasserflöhe eine zweite Häutung, die unter normalen Umständen nach etwa 70 Stunden bei allen Wasserflöhen erfolge. Der Rest der Tiere starb. Dabei hatten die Forscher vom Institut für Umweltwissenschaften der Universität Koblenz-Landau, vom Referat Gewässerchemie der Bundesanstalt für Gewässerkunde Koblenz und vom Institut für Partikeltechnik der TU Braunschweig nach ihren Angaben sogar eine niedrige Konzentration gewählt. In den Standardtests seien die Tiere mehr Titandioxid ausgesetzt.

Bei der Forderung nach Konsequenzen geben sich die Autoren der Studie, die auch im internationalen Online-Journal PloS ONE veröffentlicht ist, zurückhaltend. Das Ergebnis werfe die Frage auf, ob neue Standardtests zur Risikobewertung von Chemikalien aufgesetzt werden müssten. Schulz: „Die Erkenntnisse über die Auswirkungen von Nanomaterialien auf die Gesundheit des Menschen und die Ökosysteme sind nach wie vor mangelhaft.“

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland BUND zählte bisher unter anderem zu den Risiken, dass Titandioxid in hohen Dosen im Tierversuch eingeatmet Lungenkrebs auslösen kann und es von der Weltgesundheitsorganisation als möglicherweise krebserregend eingestuft ist. Auch sei es giftig für Kleinstlebewesen. Beim BUND gibt es auch eine Datenbank, in welchen Produkten Titandioxid enthalten ist. Allerdings geben nur wenige besonders renommierte Hersteller das bisher überhaupt an.

Lars Wienand