Berlin

Reform der Ökostromförderung: Länder gewinnen, Stromkunden verlieren

Die Ministerpräsidenten haben bei den Verhandlungen über die Reform der Energiewende in Berlin viel für sich herausgeholt. Für die Verbraucher wird es aber jetzt wohl noch teurer. Foto: dpa
Die Ministerpräsidenten haben bei den Verhandlungen über die Reform der Energiewende in Berlin viel für sich herausgeholt. Für die Verbraucher wird es aber jetzt wohl noch teurer. Foto: dpa

Die Bundesländer haben bei der Reform der Ökostromförderung Nachbesserungen für die erneuerbaren Energien und die Industrie durchgesetzt, die zu Lasten der Stromverbraucher gehen. Verbraucherschützer rechnen mit höheren Stromkosten für die Verbraucher von jährlich 1,5 Milliarden Euro durch die Änderungen.

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Von unserer Berliner Korrespondentin Birgit Marschall

Für einen Durchschnittshaushalt bedeute dies Mehrkosten von nochmals 14 Euro im Jahr, erklärte der Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Die 16 Ministerpräsidenten hatten im Kanzleramt Verbesserungen vor allem für die Windenergie an Land erreicht. Bei der Begrenzung des jährlichen Ausbaus auf 2500 Megawatt soll der Austausch älterer durch neue, leistungsstärkere Turbinen an bestehenden Windkraftanlagen nicht hinzugerechnet werden. Der Ausbau des Ökostroms wird von den Verbrauchern über eine Umlage bezahlt. Ohne die Reform würden die Strompreise daher noch stärker steigen.

Die geplanten Neuregelungen:

1 Wind an Land: Eigentlich sollten jährlich 2500 Megawatt – das entspricht einer Leistung von zwei Atomkraftwerken – zugebaut werden dürfen, unabhängig davon, wie viele Windräder abgerissen werden. Da in den kommenden Jahren zunehmend bestehende alte Turbinen durch neue, leistungsstärkere Turbinen ersetzt werden, erreichten die Länder, dass dieses Volumen noch zusätzlich zum reinen Neubau von 2500 Megawatt gebaut werden können. Außerdem: An windschwachen Standorten soll etwas mehr an Hilfe gezahlt werden, als von Minister Gabriel bislang vorgesehen. Dies hilft vor allem Binnenländern wie Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg.

2 Wind auf hoher See: Hier wurde mehr Flexibilität vereinbart, um die Ausbauziele von 6500 Megawatt bis 2020 und 15 000 Megawatt bis 2030 zu erreichen. So sollen 1200 Megawatt an Projekten mehr beantragt und genehmigt werden dürfen, als die Zielwerte eigentlich erlauben. Hintergrund: Einige der milliardenschweren Vorhaben werden erfahrungsgemäß scheitern, die Zielwerte sollen aber dennoch geschafft werden. Nach bisherigem Plan durften jedoch keine neuen genehmigt werden, da so die 6500 Megawatt sozusagen überbucht würden.

3 Biogasanlagen: Bayern und Thüringen setzten durch, dass Erweiterungen und Modernisierungen von Biogasanlagen unter das bisherige, günstigere Fördersystem fallen. Erhalten bleibt nun auch ein Zuschlag auf den garantierten Abnahmepreis für Strom, wenn die Anlage zu Zeiten großer Stromnachfrage produziert. Gabriel hatte beim Biogas, das als vergleichsweise teure erneuerbare Energie gilt, besonders scharfe Einschnitte geplant. Der Ausbau neuer Anlagen soll auf 100 Megawatt pro Jahr begrenzt werden.

4 Stichtag: Gescheitert sind die Länder mit ihrem Vorstoß, den Stichtag für das neue Förderregime auf das Jahresende zu schieben. Es bleibt vorerst dabei, dass nur bis zum 23. Januar 2014 genehmigte Ökostromanlagen noch die alten, besseren Vergütungssätze erhalten. Die Länder kritisieren dass, weil teure, langfristig geplante Investitionen etwa in Windparks so entwertet würden. Allerdings ist wahrscheinlich, dass hier noch Änderungen folgen.

5 Industrierabatte: Bislang sind etwa 2100 energieintensive Unternehmen von der Ökostromumlage weitgehend befreit. Die EU-Kommission will diese Zahl um einige Hundert reduzieren, weil die Rabatte die deutschen gegenüber ausländischen Firmen bevorteilen. Gabriel ringt derzeit noch mit Brüssel um eine Lösung. Das Ergebnis soll bis zum Kabinettsbeschluss am 8. April noch eingearbeitet werden.