Filialsterben: Westerwald-Bank macht neun Geschäftsstellen dicht

Die Filiale in Oberlahr gehört zu den neun Geschäftsstellen, die zum 31. Oktober geschlossen werden.
Die Filiale in Oberlahr gehört zu den neun Geschäftsstellen, die zum 31. Oktober geschlossen werden. Foto: Marcelo Peerenboom

Kreis Altenkirchen – Die Schließung von Filialen von Kreditinstituten auf dem Land greift weiter um sich. Wenige Tage nach der Kreissparkasse Mayen hat die Westerwald-Bank entsprechende Pläne vorgestellt. Sie schließt zum 31. Oktober insgesamt 9 ihrer bisher 34 Geschäftsstellen.

Lesezeit: 3 Minuten
Anzeige

Filialschließungen – Vorstandssprecher Wilhelm Höser begründet diesen Schritt mit grundlegend verändertem Kundenverhalten.Während der Vertrieb über das Internet mehr und mehr an Bedeutung gewinnt, spielt das Filialgeschäft eine immer geringere Rolle.„Der Kunde hat entschieden.„ Auf diese einfache Formel bringt Höser die Ursache für die weitreichenden Entscheidungen des Vorstands. „Es nützt nichts, schöne Immobilien ins Dorf zu setzen, wenn dann keiner kommt.“ Statt also durchschnittlich 250 000 Euro in die Renovierung kleiner Filialen zu stecken, investiert die Westerwald-Bank jetzt umso mehr in den Ausbau digitaler Vertriebswege und in den Telefonservice.

Betroffen von den Schließungen sind ausschließlich sogenannte Kleinstfilialen, in denen maximal zwei Mitarbeiter für die Kunden tätig sind. Einige Stellen, wie die in Oberlahr, hatten zuletzt ohnehin nur noch halbtags geöffnet. Doch auch das ist zu viel, wie Wilhelm Höser ausführt, der von tiefroten Zahlen spricht. Mit anderen Worten: Mit dem Betrieb dieser Mini-Geschäftsstellen fuhr die Genossenschaftsbank zuletzt keine Gewinne mehr ein, sondern zahlte ordentlich drauf.

Wie stark das Geschäft mittlerweile ins Internet abwandert, belegt die Westerwald-Bank mit eindeutigen Zahlen: Während noch vor zwei Jahren rund die Hälfte aller Transaktionen über die Filialen abgewickelt wurden, ist der Anteil inzwischen auf rund ein Viertel geschrumpft – Tendenz weiter fallend. Den weitaus größten Teil der Geschäfte erledigen die Kunden der Volks- und Raiffeisenbank über Telefon oder Internet. Gerade der fernmündliche Weg stellt nach Hösers Angaben für die ältere Kundschaft eine wichtige Alternative zum klassischen Weg in die Bank dar. Daher erweitert die Westerwald-Bank auch die Abteilung Telefonbanking, in der schon 30 Mitarbeiter beschäftigt sind, um zwei weitere Vollzeitstellen.

Wie gravierend sich das Geschäftsmodell der Banken derzeit ändert, zeigt ein Blick auf die Ertragsstruktur: Im Jahr 2009 machte das Online-Ertragspotenzial noch rund 20 Prozent aus. Dieser Anteil weitet sich auf rund 37 bis 46 Prozent im Jahr 2020 aus. Für Wilhelm Höser bedeutet dies: „Wer den Online-Bereich als Bank nicht ausbaut, der verliert mehr als die Hälfte des Marktes.„

Aus diesem Grund dünnt die Westerwald-Bank ihr Geschäftsstellennetz aus und nimmt „gigantische Investitionen“ (Höser) in den Onlinebereich vor. Sogar von einer virtuellen Filiale ist die Rede, in der der Kunde im „Videobanking„ seinen Berater sehen und mit ihm sprechen kann, egal, an welchem Ort der Welt er sich gerade befindet. Dass jeder Kunde nach wie vor seinen persönlichen Berater hat, das ist Wilhelm Höser und seinem Kollegen Markus Kurtseifer ganz wichtig. Dabei spielt der Vertriebsweg künftig keine Rolle mehr: „Die vier Wege zur Bank stehen gleichberechtigt nebeneinander“, erläutert Höser die neue Philosophie der Westerwald-Bank.

Diese Wege sind: die Geschäftsstelle, das Telefon (von 8 bis 20 Uhr), das Internet, der mobile Vertrieb, also beim Kunden zu Hause.

Die Kunden der Westerwald-Bank, die von Filialschließungen betroffen sind, hatten bis gestern einen entsprechenden Brief in ihrer Post. Auch alle Verbandsgemeinde-Bürgermeister hat die Bank zuvor informiert. Die Kunden behalten in der Regel ihre bisherigen Berater, die sie künftig in einer nahegelegenen Filiale finden. Die meisten müssen jetzt bis zu sechs Kilometer weiter fahren, um eine Geschäftsstelle zu erreichen. Nur die Kunden in Morsbach und Niederschelderhütte haben es bis zu 13 Kilometer weiter als bisher. Wilhelm Höser: „Das Geschäftsstellennetz ist auch nach der Umstrukturierung noch sehr eng."

Veränderungen gibt es darüber hinaus bei den Selbstbedienungsstandorten. In Hof, Emmerichenhain, Urbach, Betzdorf (Bahnhofstraße), Kleinmaischeid, Rengsdorf (Tankstelle), Westerburg (Wörthstraße) und Mogendorf (Tankstelle) hängt die Westerwald-Bank die Automaten ab und verweist zur Bargeldversorgung an nahegelegene Geschäftsstellen oder an Tankstellen, in denen Geld abgehoben werden kann. Und wer einen Rewe-Markt besucht, kann sich auch dort mit Barem versorgen.

Die betroffenen Filialen:

Unnau, Hilgert, Dernbach, Höhn, Langenhahn, Oberlahr, Windeck-Schladern, Morsbach und Niederschelderhütte. (mp)