Berlin

Berufsbildungsbericht: Azubi-Mangel verschärft sich weiter

Immer mehr Lehrstellen bleiben unbesetzt.
Immer mehr Lehrstellen bleiben unbesetzt. Foto: dpa

Deutsche Betriebe tun sich immer schwerer, Nachwuchs zu finden. Mit 40 960 unbesetzten Lehrstellen verzeichnet der aktuelle Berufsbildungsbericht einen neuen Rekord und damit eine Verdoppelung im Fünf-Jahres-Vergleich. Vor allem Kleinstbetriebe mit bis zu neun Beschäftigten ziehen daraus Konsequenzen und bilden gar nicht mehr aus.

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Von unserem Berliner Korrespondenten Gregor Mayntz

Rückblick: 2009 blieben nur 17 255 Ausbildungsplätze unbesetzt, 2010 waren es schon 19 605, ein Jahr darauf 29 689. Danach wurde die Schwelle von 30 000 überschritten, und die Zahlen stiegen kontinuierlich weiter. Auch der Anteil der Betriebe, die ihre Lehrstellen teilweise oder gar nicht besetzen konnten, ist stetig gestiegen. 2011 war es bereits ein gutes Drittel (35 Prozent), bis 2014 stieg die Quote auf 44 Prozent.

Die Bundesregierung befürchtet, „dass sich Betriebe, die wiederholt die Erfahrung machen, ihre angebotenen Ausbildungsstellen nicht besetzen zu können, dauerhaft aus der dualen Berufsbildung zurückziehen“. So steht es im neuen Berufsbildungsbericht, über den nun das Bundeskabinett beraten will und der unserer Redaktion vorliegt. Im Jahresvergleich nahm etwa die Zahl der ausbildenden Kleinstbetriebe um fast 8200 ab.

Immer weniger Bewerber

Die Situation wird sich nach Expertenprognosen weiter zuspitzen, da bis 2025 die Zahl potenzieller Auszubildender um weitere 90 000 sinken dürfte. Im zurückliegenden Jahrzehnt hat die Zahl junger Leute, die für eine Ausbildung in Frage kommen, bereits um rund 100 000 abgenommen. Vor diesem Hintergrund sieht die Bundesregierung das Fitmachen der vornehmlich jungen Flüchtlinge für den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowohl als Herausforderung als auch als Chance.

Trotz aller Integrationsbemühungen hat sich die Situation für Migranten jedoch leicht verschlechtert. Im Jahresvergleich sank der Anteil jener jungen Ausländer, die eine Ausbildung aufnahmen, von 31,7 auf 31,1 Prozent. Die Quote unter deutschen Jugendlichen liegt mit 56,3 Prozent deutlich darüber. Mögliche Wege aus der Demografiefalle liegen nach Einschätzungen von Experten auch in verstärkten Bemühungen um jene knapp zwei Millionen Menschen ohne jede Berufsausbildung. Zudem sind über die aktuell 550 000 Bewerber hinaus weitere 250 000 Menschen als ausbildungsinteressiert eingestuft. Sie entscheiden sich für andere Bildungsgänge wie Studium oder Fachschule, bleiben unversorgt oder unerkannt. „Insofern ist noch Potenzial vorhanden, mehr junge Menschen für die duale Berufsausbildung zu gewinnen“, hält ein Kreis von Berufsbildungsexperten von Arbeitgebern, Gewerkschaften, Bund und Ländern fest.


Großer Bedarf in der Gastronomie

Allerdings sind die Chancen für junge Leute auf Lehrstellen und für Ausbildungsbetriebe auf Bewerber regional sehr unterschiedlich. Auf der Deutschlandkarte sind generell die nördlichen und westlichen Regionen mit größeren Versorgungsproblemen belastet, die östlichen und südlichen Regionen eher mit Besetzungsproblemen. Mehr als ein Drittel, und damit den höchsten Anteil unbesetzter Lehrstellen, weisen die Restaurantbetriebe aus.

Ein Beispiel für den Mangel: Im Bäckerhandwerk zeigen sich die Schwierigkeiten, geeigneten Nachwuchs zu finden, deutlich. Im Vergleich zum Rekordjahr 2007 mit damals rund 36 900 Auszubildenden hat sich deren Zahl mittlerweile nahezu halbiert – auf nur noch rund 18 800. Das bezeichnet der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks auch als Hauptgrund für die insgesamt rückläufige Beschäftigung in der Branche. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Mitarbeiter erneut zurückgegangen, sie verringerte sich um 0,7 Prozent auf nun 275 200. Die Zahl der Betriebe sank sogar um 3,6 Prozent, was aber am Trend zu immer größeren Bäckereien mit vielen Filialen liegt.