Berlin

Wirtschaft warnt vor Kontrollen

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Unternehmer und Ökonomen rechnen im Falle der Schließung nationaler Grenzen in Europa mit massiven Problemen für die deutsche Wirtschaft.

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Intensive Kontrollen des Waren- und Personenverkehrs an der deutsch-österreichischen Grenze haben demnach für sich genommen zwar begrenzte negative Folgen, doch sei eine Kettenreaktion zu erwarten, denn auch Österreich und Slowenien würden den freien Grenzverkehr aufgeben. Verheerende Folgen für Deutschland und Europa befürchten die Experten, wenn der Schengen-Raum zusammenbricht.

Steht Schengen vor dem Aus?

Angesichts der wachsenden Kritik am Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Flüchtlingskrise werden solche Szenarien jedoch wahrscheinlicher. CSU und Teile der CDU verlangen von Merkel Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze, damit Deutschland Migranten an der Einreise hindern kann. Die Kritiker wollen Merkel für eine europäische Lösung ohne Grenzkontrollen nur noch bis Ende März Zeit geben.

„Europa braucht den freien Grenz- und Warenverkehr“, sagte Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Handwerks (ZDH). „Die Konsequenzen von Behinderungen oder gar geschlossenen Grenzen für die europäische Wirtschaft mit ihrer ausgeklügelten Arbeitsteilung und Logistik sind nicht auszudenken“, warnte er. „Eine Grenzschließung hätte Kosten für die deutsche Wirtschaft und die der europäischen Nachbarn“, sagte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Grenzschließungen erhöhten die Transportkosten für Unternehmen, da es teurer werde, Vorleistungen aus dem Ausland zu beziehen und Güter zu exportieren. Grenzkontrollen behinderten auch Arbeitnehmer, die zu Tausenden jeden Tag über die Grenzen pendeln.

Lange Wartezeiten drohen

Der Vize-Exportweltmeister Deutschland wickelt 70 Prozent seines Güterhandels innerhalb Europas ab. „Wenn der Binnenmarkt zusammenbräche, hätte das verheerende Wirkungen auf die deutsche Wirtschaft“, sagte Gabriel Felbermayr vom Münchner Ifo-Institut. „Wir sprechen zurzeit nur über Einreisekontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze. Aber auch nur über diese Grenze laufen 15 Prozent des deutschen Außenhandels. Das sind 300 Milliarden Euro im Jahr“, sagte Felbermayr. Die Wartezeiten der Lkw würden sich bei der Einreise summieren. „Das wird die Zulieferer aus Osteuropa und der Türkei hart treffen und die deutschen Unternehmen, die keine Lagerhaltung mehr haben.“

Die Befürworter der Grenzschließung zu Österreich erhoffen sich größeren politischen Druck auf die EU-Staaten, die Sicherung der EU-Außengrenzen anzupacken. Bisher verweigern viele Staaten die Kooperation, vor allem Griechenland. Hellas hätte es im Falle von Grenzschließungen mit einem enormen Rückstau zu tun. Birgit Marschall