Stockholm

Wie Ökonomen dem Klimawandel begegnen wollen

Von Jan Petermann
Wie Ökonomen dem Klimawandel begegnen wollen Foto: dpa

Haben Sie sich auch schon mal gefragt, warum das mit der Senkung der Treibhausgase nicht so schnell klappt wie nötig? Eigentlich müsste doch auch die Wirtschaft ein großes Interesse daran haben, den drohenden Klimawandel zu stoppen – raus aus Kohle und Öl, mehr in grüne Technologien investieren. Aber die Zusammenhänge zwischen der Verbrennung fossiler Rohstoffe und dem ökonomischen Handeln von Menschen, Firmen und Staaten sind komplex.

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Genau damit haben sich die US-Wissenschaftler William Nordhaus und Paul Romer beschäftigt – und wurden nun mit dem Wirtschaftsnobelpreis belohnt. Sie untersuchten unter anderem, wie sich Wachstum und ein vorsichtigerer Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen unter einen Hut bringen lassen.

Die Königlich-Schwedische Akademie in Stockholm ließ es nicht an Pathos und großen Worten mangeln: Die Beiträge des Forscher-Duos hätten „entscheidende Fortschritte“ gebracht, um „zen-trale Fragen zur Zukunft der Menschheit“ angehen zu können. Zuvor hätten die meisten Ökonomen den Einfluss von Märkten und wirtschaftlichem Verhalten auf die Natur und auf die Ansammlung von neuem Wissen vernachlässigt. Was haben die beiden Forscher – nebenbei Autoren mehrerer Standardwerke – dagegen getan, und was bedeuten ihre Erkenntnisse? Ein Grundproblem im Verhältnis von Wirtschaft und Umwelt ist, dass die Kosten der Bedrohung des Weltklimas den Verursachern oft nicht individuell zuzurechnen sind. Denn natürliche Ressourcen sind vielen zugänglich, einzelne Nutzer lassen sich nicht von deren Konsum ausschließen. Mitunter bedienen sich Industrie und Haushalte aber auch einfach an der Umwelt, ohne die Lasten für alle Menschen einzukalkulieren.

Verursacherprinzip durchsetzen

Wie Ökonomen dem Klimawandel begegnen wollen
Foto: Yale University

Experten sprechen von „externen Effekten“, die man zuordnen muss – in der Hoffnung, dass dann pfleglicher mit der Natur umgegangen wird. Ein Beispiel sind die CO2-Verschmutzungsrechte. Der Handel mit solchen Emissionszertifikaten soll etwa Energiekonzerne oder Fluggesellschaften zu weniger klimaschädlichem Verhalten anleiten.

Dass die Uhr aus naturwissenschaftlicher Sicht weitertickt, zeigt die aktuelle Brisanz der Arbeiten von Nordhaus und Romer mit Blick auf den neuen Bericht des Weltklimarats. Das Ziel, die Risiken der Erderwärmung einzuschränken, sei nur mit einem schnellen Wandel auf allen Feldern erreichbar, warnt der IPCC: „Rasche, weitreichende und beispiellose Veränderungen in sämtlichen Bereichen der Gesellschaft“ seien nötig. Wirtschaft und Verbraucher müssten mitziehen – in Energie, Industrie, Bau und Verkehr. Die Studien der Preisträger bieten nun „ein wichtiges und richtiges Signal“, erklärten Michael Grömling und Thilo Schaefer vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.

Besonders auf Nordhaus trifft das zu: „Seine Forschung geht seit Langem der Frage nach, wie der Klimawandel bekämpft werden kann, ohne wirtschaftliches Wachstum und den damit verbundenen Wohlstand aufs Spiel zu setzen.“ Romer wiederum hat für ökonomische Entwicklungsprozesse generell gezeigt, wie wichtig neue Ideen sind. Das Juryvotum für beide kann daher „auch als ein Appell dahingehend gewertet werden, dass sich die langfristigen globalen Herausforderungen durch Klimawandel vor allem mit technologischen Innovationen meistern lassen“.

Die Chance, das CO2-Problem zu lindern, ist Romer zufolge da: „Wenn wir einmal damit anfangen und versuchen, weniger Kohlendioxid freizusetzen, werden wir erstaunt sein, dass es nicht so schwierig ist wie gedacht.“ Die Politik müsse nur entschlossen handeln.

Die Modelle zur Klimaökonomik – sie enthalten auch Faktoren aus Physik und Chemie – liefern „überzeugende Argumente für Eingriffe der Regierungen“, erläutert die Stockholmer Akademie in einem Hintergrundpapier. Und Romers Analysen über die Rolle von Ideen beim Wachstum zeigen, wie Anreize und Bedingungen am besten aussehen sollten, um Innovationen zu fördern.

Starre Theorien von früher abgelöst

Das konnten frühere Theorien, die vor allem Kapital, Arbeitskraft und große Maschinenparks in den Blick nahmen, so nicht. Inzwischen gibt es – ähnlich wie bei den CO2-Ins-trumenten im Fall von Nordhaus – auch Maßnahmen in Politik und Verwaltung, die auf Romers Ansatz zurückgehen, beispielsweise bei der Forschungsförderung und beim Patentschutz. Lassen die Anstrengungen des Staates nach, droht „Unterversorgung“ an Erfindungen und grüner Technik. Die Politik bleibt also gefordert.

„William Nordhaus war entscheidend daran beteiligt, Klimapolitik auf die Agenda der internationalen Politik zu bringen“, lobt der Chef des Ifo-Instituts, Clemens Fuest. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sieht den Preis auch als Plädoyer für das Humane in der Wirtschaft: „Die Arbeit von Paul Romer unterstreicht, wie wichtig Menschen und ihre Innovationsfähigkeit innerhalb von Volkswirtschaften sind.“

Von Jan Petermann und Till Simon Nagel