Uli Hoeneß: Ich nehme das Urteil an

Uli Hoeneß
Uli Hoeneß blickt auf eine außergewöhnliche Karriere zurück, sowohl als Aktiver, als auch als Club-Manager und -Präsident. Foto: Peter Kneffel/Archiv

Am Tag eins nach dem Urteil in seinem spektakulären Steuerprozess spendiert Uli Hoeneß Nürnberger Würstchen und Semmeln. Er sitzt auf der Terrasse seines Hauses im oberbayerischen Bad Wiessee – und bestellt Verpflegung für die Fotografen, die vor seinem Anwesen warten. Eine Frau aus einem nahe gelegenen Wirtshaus bringt die Mahlzeit vorbei – ob die Nürnberger Würstchen aus seiner eigenen Herstellung stammen, ist unklar. „Schöne Grüße vom Uli Hoeneß“, sagt sie und fügt lachend hinzu: „Es sind keine Handgranaten drin.“

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Von Britta Schultejans

Dabei ist jetzt klar: Uli Hoeneß wird ins Gefängnis gehen. Er hat sich entschieden und tritt nicht nur ab von der Spitze des FC Bayern, dessen Gesicht er jahrzehntelang war, er will auch vor Gericht nicht mehr für ein milderes Urteil kämpfen. Die Revision, die sein Verteidiger Hanns W. Feigen nach dem Urteil von drei Jahren und sechs Monaten Haft am Donnerstag noch überzeugt angekündigt hatte, ist für Hoeneß vom Tisch. „Ich habe meine Anwälte beauftragt, nicht dagegen in Revision zu gehen“, schreibt er in einer persönlichen Stellungnahme. „Das entspricht meinem Verständnis von Anstand, Haltung und persönlicher Verantwortung. Steuerhinterziehung war der Fehler meines Lebens. Den Konsequenzen dieses Fehlers stelle ich mich.“

Es ist wohl eine weise Entscheidung von Hoeneß, es nicht darauf ankommen zu lassen – nicht darauf, dass seine Vorstands- und Aufsichtsratskollegen ihn vom Thron stoßen, und vor allem nicht darauf, dass er eine weitere Auseinandersetzung vor Gericht verliert und als unbelehrbar und uneinsichtig dasteht.

Hoeneß wählt einmal mehr die Rolle des reumütigen Sünders – und weil das in diesem Fall unwiderruflich eine Haftstrafe bedeutet, nehmen viele ihm diese Rolle eher ab als noch vor wenigen Tagen bei der Verlesung seines Geständnisses vor Gericht. Plötzlich scheint er wieder durch, der Uli Hoeneß, den viele mochten, viele hassten, fast alle aber respektierten.

Auch die Reichen und Mächtigen, die ihn erst jahrelang hofierten und nach den Vorwürfen gegen ihn dann auf Abstand gingen, zeigen sich beeindruckt von seiner Entscheidung. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer sieht wieder einen Menschen „mit Format“.

Auch Bayern Münchens Trainer Pep Guardiola würdigt die Verdienste des zurückgetretenen Klubpräsidenten und dankt ihm: „Ich bin erst neun Monate hier, ich habe gemerkt, wie wichtig Uli Hoeneß für diesen Verein ist. Dieser Verein ist der beste der Welt, das liegt an der Persönlichkeit von Uli Hoeneß“, sagte Guardiola in einer persönlichen Erklärung zu Beginn der turnusmäßigen Pressekonferenz vor dem Münchner Bundesliga-Heimspiel am Samstag (18.30 Uhr) gegen Bayer Leverkusen.

„Er verdient unseren Respekt. Ich hoffe, er kann in der Zukunft zurückkommen und uns helfen“, fügte der Spanier hinzu, und erklärte zudem, dass sein Deutsch noch nicht gut genug sei, um ausführlicher zu diesem Thema zu reden. „Er ist mein Freund und wird mein Freund bleiben. Wir müssen weitermachen, was wir von Uli gelernt haben.“

Wird Stoiber Bayern-Präsident?

Derweil wird beim FC Bayern München über die Nachfolge für Präsident Hoeneß diskutiert. Vor allem drei Kandidaten werden gehandelt. Karl Hopfner und Edmund Stoiber gelten beim deutschen Fußball-Rekordmeister als denkbare Anwärter auf den Job des Vereinsbosses. Aber auch der Name Franz Beckenbauer wird genannt.

Der 61-jährige Karl Hopfner ist wohl der wahrscheinlichste Kandidat für das Präsidentenamt. Ein Zeichen dafür ist sein Aufrücken in den Präsidialausschuss des Aufsichtsrates nach dem Rücktritt von Hoeneß am Freitag. Hopfner leitet vorerst als erster Vizepräsident kommissarisch die Geschicke des Klubs. Seit 1983 dient Hopfner dem FC Bayern, erst als Geschäftsführer, dann als Finanzvorstand und seit 2012 als Vizepräsident. In die Öffentlichkeit allerdings drängte es Hopfner ganz im Gegensatz zu Hoeneß bislang nie. Als Präsident des größten deutschen Sportvereins würde er plötzlich im Rampenlicht stehen.

Auch Bayerns Ex-Ministerpräsidenten Edmund Stoiber werden Ambitionen auf das Spitzenamt nachgesagt. Der CSU-Ehrenvorsitzende sitzt bereits im Aufsichtsrat der FC Bayern AG und ist Vorsitzender des Verwaltungsbeirats. Bis zuletzt hielt der 72-Jährige treu zur Vereinsikone Hoeneß und bezeichnete ihn weiter als „einen Freund“.

„Kaiser“ Franz Beckenbauer war beim FC Bayern schon vieles. Spieler, Trainer, Präsident, Aufsichtsratschef – und jetzt Ehrenpräsident. Da erscheint sein Einsatz als Nothelfer nur logisch. Im Verein wird eine Lösung mit dem 68-Jährigen aber wohl nicht favorisiert. Auch Beckenbauer hat zuletzt mehrfach betont, dass er kürzertreten will und solche Ämter eigentlich nicht mehr anstrebt.

Die erste Entscheidung wurde nicht einmal drei Stunden nach Hoeneß' Rücktritt verkündet: Adidas-Chef Herbert Hainer übernimmt den Vorsitz im prominent besetzten Aufsichtsrat der FC Bayern AG.