Überleben als Herausforderung: Tierische Wintergäste in Haus und Garten

Wenn die Temperaturen fallen, morgens Gras und Dächer von Reif bedeckt sind und vielleicht auch schon Schneeflocken vom Himmel fallen, ist für viele einheimische Tiere eine schwierige Zeit gekommen.

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Von Susanne Schneider

Das Überleben stellt dann eine Herausforderung dar: Die Böden sind hart gefroren oder gar von Schnee bedeckt, die Bäume sind kahl und Essbares schwer zu finden. Doch die Tiere, die hier bleiben und nicht vorher in wärmere Gefilde umziehen, haben Strategien entwickelt, die dunkle, kalte und nahrungsarme Jahreszeit zu überstehen.

Dazu zählt der Winterschlaf, wie ihn zum Beispiel Fledermäuse und Igel halten. „Beim Winterschlaf wird die Körpertemperatur deutlich abgesenkt. Auch der Stoffwechsel wird heruntergefahren, Atmung und Herzschlag verlangsamen sich“, erklärt Cosima Lindemann vom Naturschutzbund (Nabu) Rheinland-Pfalz. Zwar schlafen die Tiere tief und fest, wachen aber zwischendurch auch auf, um zum Beispiel ihr Geschäft zu verrichten oder die Lage zu wechseln. „Allerdings nehmen sie während dieser wachen Phasen keine Nahrung zu sich“, weiß Lindemann. Stattdessen fressen sie sich im Spätsommer und Herbst richtige Fettpolster an. Von diesen zehren sie dann während des Winterschlafes.

Laub und Reisig liegen lassen

Eine weitere Art des Überwinterns ist die sogenannte Winterruhe. Zu den Tieren, die Winterruhe halten, gehören etwa das Eichhörnchen oder auch der Dachs. Die Ruhe ähnelt dem Winterschlaf, jedoch bleibt die Körpertemperatur der Tiere weitestgehend stabil. Der Stoffwechsel wird zwar heruntergefahren, allerdings nicht so drastisch wie während des Winterschlafs. „Charakteristisch für diese Art des Überwinterns ist es, dass die Tiere öfter aus ihrer Ruhe erwachen und sich an ihren Nahrungsvorräten, die sie vorher angelegt haben, bedienen oder auf Nahrungssuche gehen“, sagt Lindemann.

Deshalb besitzen Eichhörnchen und Co. auch nicht solche Fettreserven, wie die Winterschläfer. Eine weitere Variante ist die Winterstarre, in die vor allem wechselwarme Arten wie Insekten, Amphibien und Reptilien fallen. Bei wechselwarmen Tieren sinkt die Körpertemperatur mit der Außentemperatur, sie selbst können ihren Körper nicht erwärmen. Die Lebensfunktionen werden annähernd auf null heruntergefahren. Während der Starre nehmen die Tiere weder Nahrung zu sich, noch wachen sie auf. Außerdem können sie sich nicht bewegen. Erst wenn im Frühjahr die Sonne wieder für steigende Temperaturen sorgt, erwachen sie aus ihrer Starre. Wann die Tiere in Winterschlaf, -ruhe oder -starre fallen, ist ganz unterschiedlich. „Grob kann man sagen, dass die Zeitspanne von Oktober bis Dezember reicht“, erklärt Lindemann.

Zwar fallen die Tiere auch ohne Zutun des Menschen in ihren jeweiligen Überwinterungszustand, trotzdem kann man sie mit kleinen Handgriffen dabei unterstützen. „Ich nenne es salopp 'Hilfe durch Unterlassung'“, sagt Gabriele Neumann, die zusammen mit ihrem Mann Harry beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Rheinland-Pfalz engagiert ist. Damit meint sie, im Garten einfach mal Laub und Reisig liegen zu lassen, anstatt gleich alles zu entsorgen. Laub- und Reisighaufen sind nämlich bevorzugte Winterquartiere unter anderem von Igeln, Haselmäusen oder Kröten.

Astschnitt kann außerdem zu einer so genannten Benjeshecke aufgeschichtet werden. „Diese Hecke bietet nicht nur einen geschützten Lebensraum für bodennahe Brüter, sondern auch eine gute Überwinterungsmöglichkeit für Amphibien und Igel“, weiß Harry Neumann. Auch Cosima Lindemann vom Nabu plädiert für mehr Unordnung im Garten: „Für die Tiere, die nicht in Winterschlaf fallen, können Gartenbesitzer im Herbst Pflanzen mit Samen und Beerensträucher als Nahrungsquelle stehen lassen.“ Selbst Nahrung, welche im Sommer nicht ganz oben auf der Speisekarte steht, fressen die Tiere im Winter, weil das Nahrungsangebot dann alles andere als üppig ist. Auch Stauden sollten den Winter über stehen bleiben, weil in den hohlen Stängeln viele Insekten überwintern, von denen sich wiederum manche Vögel ernähren. Wer Wert auf einen ordentlichen Garten legt, kann zumindest eine „wilde“ Ecke im Garten lassen. „Das hilft den Tieren schon“, sagt Neumann.

Insektenhotels als Winterquartier

Ein weiterer Tipp ist das Anlegen von Kräuterspiralen. „Durch das Aufeinanderschichten der Steine entstehen Hohlräume und Fugen, die Insekten zum Überwintern nutzen können“, erklärt Harry Neumann. Auch Insektenhotels sind dafür bestens geeignet. Deshalb sollten diese auch im Winter stehen bleiben. Cosima Lindemann empfiehlt, verschlossene Bereiche nicht zu öffnen: „Hier sind mit Sicherheit Larven drin, die im Frühjahr schlüpfen.“ Auch mit der richtigen Gartenbepflanzung können Gartenbesitzer Tieren helfen. Harry Neumann rät zum einen dazu, einheimische Pflanzen zu wählen. Zum anderen sollte darauf geachtet werden, dass die ausgewählten Pflanzen auch die einheimischen Tierarten unterstützen, zum Beispiel dadurch, dass sie als im Winter noch als Nahrungsquelle dienen können.

„Geeignet sind etwa Beerensträucher, Hartriegel und sämtliche Schmetterlingspflanzen. Ungeeignet sind dagegen beispielsweise Thujen“, sagt Neumann. Optimal ist zudem ein Gartenteich. Libellen können in den Pflanzenhalmen ihre Larven ablegen, außerdem dient der Teich als Wasserquelle. Am Haus können Nistkästen angebracht werden. Diese helfen den Tieren nämlich auch im Winter. „Ich säubere die Nistkästen nach der Brutsaison gründlich, lasse sie aber hängen. Denn im Winter ziehen dort gern Siebenschläfer oder Haselmäuse ein“, erzählt Gabriele Neumann.

Eine wichtige Frage ist auch, wie man sich am besten verhält, wenn man in den Wintermonaten ein Tier findet. „Zuerst einmal nur beobachten“, empfehlen sowohl die Experten von BUND und Nabu. „Es sollte nur dann eingegriffen werden, wenn das Tier zum Beispiel stark abgemagert ist. Also wenn erkennbar ist, dass etwas nicht stimmt“, appelliert Lindemann. Schnell wird ein Tier aus gut gemeinter Sorge auch mal mit dem falschen Futter versorgt. „Dadurch können sie krank werden, im schlimmsten Fall sogar sterben“, warnt Lindemann. Wer sich unsicher ist, sollte Gabriele Neumann zufolge Naturschützer, Tierärzte oder andere Experten um Rat fragen.

Vögel im Winter richtig füttern

Auf Terrassen, Balkonen und in vielen Gärten stehen im Winter Vogelhäuschen. Am Thema Vogelfütterung scheiden sich jedoch die Geister. Die einen plädieren dafür, Vögel das ganze Jahr über zu füttern, die anderen sind grundsätzlich gegen eine Fütterung. Sinnvoll ist eine Fütterung dann, darin sind sich zumindest Neumanns vom BUND und Lindemann vom Nabu einig, sobald es eine geschlossene Schneedecke gibt. „Ich halte das bei uns zu Hause so: Wenn Schneefall angekündigt ist, lege ich etwas Futter aus, damit die Vögel wissen 'Aha, hier gibt es im Notfall Futter'. Grundsätzlich sollte immer mit Maß und Verstand gefüttert werden“, sagt Gabriele Neumann. Unbedingt muss auf eine saubere Futterstelle geachtet werden, da die Vögel sonst erkranken können. Bei der Wahl des Vogelhäuschens sollte deshalb auf Funktionalität und eine naturnahe Gestaltung geachtet werden.