London

Thronjubiläum von Elizabeth II: Glanz und Gloria auf der Themse

Es ist ein Rennen gegen die Zeit. Greg McLeish will es unbedingt schaffen. Er will sein altes Schiff wasserdicht und fahrtüchtig machen, es im neuen Glanz erstrahlen lassen, um an einer gigantischen Staatsfeier teilzunehmen, die in die englischen Geschichtsbücher eingehen wird.

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Am Samstagmorgen soll Greg in einem Londoner Dock eintreffen, wo sich die anderen Teilnehmer der Flussparade zum Thronjubiläum versammeln. Tags darauf wird die „New Britannic“ als eines von 1000 Booten im elf Kilometer langen Festzug auf der Themse das Thronschiff der Queen begleiten. „Ich muss noch ein Lied für Ihre Majestät schreiben, das ich singen möchte“, sagt der 51-jährige frühere Profimusiker. Greg ist kein Monarchist. Er hält es aber für seine patriotische Pflicht, am 3. Juni die Diamantene Monarchin vor den Augen der Welt zu ehren.

Genau wie die anderen 20 000 Mitwirkenden bei der größten Party in der Geschichte Londons mit Musik, Tanz, Theater, Picknicks und mit einer aufwendigen, „fließenden“ Show, die selbst die Extravaganz der Tudor-Könige in den Schatten stellen soll. Der 12 Millionen Pfund teure Open-Air-Spaß zum 60. Jahrestag der Thronbesteigung durch Elizabeth II. wird voraussichtlich 1,5 Millionen Menschen zur Themse locken. Etwa eine Milliarde Zuschauer wird weltweit die Feier live im Fernsehen verfolgen können. „Es ist eine Ehre, dabei zu sein“, freut sich Greg McLeish, der die Einladung vor allem seinem historischen Boot verdankt.

Die 16 Meter lange „New Britannic“ gehörte 1940 zu einer Flotte aus 700 privaten Schiffen, die die festgesetzten britischen Truppen aus dem französischen Dunkerque evakuierten. Sie brachte 3000 Soldaten zurück in die Heimat – so viele wie kein anderes kleines Boot. Als Greg Jahrzehnte später die „NB“ kaufte, war sie in einem kritischen Zustand. „Ich habe alles verkauft, um die nötigen 50 000 Pfund für die Reparaturen aufzutreiben“, erzählt der Musiker, der sich mit Gelegenheitsjobs durchschlägt. Um die Miete zu sparen, lebt Greg auf einem anderen Boot. Er wäre bereit, noch mehr Opfer zu bringen, um das Objekt seines Stolzes bei einer glanzvollen Flussparade den Royals vorführen zu können. So wie es seine Landsleute schon vor einem halben Jahrtausend getan haben.

Henry VII. kam 1486 als erster Herrscher auf die Idee, die Themse als „festliche Prozessionsroute“ zu nutzen. „Sie bot zwei Vorteile für die Monarchen“, erklärt der Historiker Robert Blyth. „Erstens waren sie auf dem Fluss weg vom Dreck der mittelalterlichen Straßen. Zweitens konnten sie so besser von ihren Untertanen gesehen werden.“ 1533 feierte Henry VIII. seine Hochzeit mit Anne Boleyn mit einer Parade vom Greenwich zum Tower, bei dem ein „feuerspeiender Drache“ auf einem Boot für Aufsehen sorgte. Die Festzüge auf dem nationalen Fluss endeten im 19. Jahrhundert, als die verdreckte Themse zu stinken begann.

Blyth sieht im Thronjubiläum ein Erwachen der gereinigten Themse, die sich der Welt wieder als Londons großartigste Straße präsentieren könne. „Der Festzug am 3. Juni wird größer und spannender als die Tudor-Feiern sein, weil das Publikum näher am Geschehen sein kann“, sagt der Experte. Ob die 86 Jahre alte Elizabeth II. es genießen wird, ist ungewiss. Laut ihrer Cousine Margaret Rhodes hat die Queen ein wenig Angst vor der Riesenparty auf dem Wasser. „Sie fragt sich, wie sie das Ganze überstehen soll“, verriet Rhodes der Zeitung „Daily Telegraph“.

Dabei haben die Organisatoren keine Kosten und Mühen gescheut, um den dreistündigen Aufenthalt der Jubilarin an Bord des Luxusschiffes „Spirit of Chartwell“ so angenehm wie möglich zu machen. Dazu wurde das in den königlichen Farben Gold, Violett und Purpur verzierte Boot mit Blumen aus dem Garten der Queen geschmückt. Die Königin und der 90-jährige Herzog von Edinburgh werden auf zwei Thronen sitzen und ihre Familie nah bei sich haben. Charles und Camilla, Harry, William und seine Frau Catherine werden mit dabei sein, wenn die Queen am Sonntagabend nach einer 90-minütigen Flussfahrt am Tower die Parade abnimmt.

Der Veranstalter Adrian Evans lässt 190 Sicherheitsboote mitfahren, und er verlässt sich auf 7000 freiwillige Helfer und 5500 Polizisten an den 40 Kilometer langen Themse-Ufern, die dafür sorgen sollen, dass die königliche Freude ungetrübt bleibt. Um das Unfallrisiko zu mindern, gilt auf den Booten ein Alkoholverbot. Was kann da noch schiefgehen?

Von unserem Londoner Korrespondenten Alexei Makartsev