Amsterdam

Thronfolge: Vom Prins Pilsje zum Bändchenschneider

Eine königliche Famile: Beatrix übergibt morgen den Thron der Niederlande an Willem-Alexander. Maxima darf sich dann Königin nennen.
Eine königliche Famile: Beatrix übergibt morgen den Thron der Niederlande an Willem-Alexander. Maxima darf sich dann Königin nennen. Foto: DPA

Spott für den König: „Gegen Bändchenschneiden ist nichts einzuwenden“, erklärt Willem- Alexander als Cartoonfigur. „Solange ich dabei einen guten Schnitt mache!“ So lästerte die niederländische Zeitung „NRC Handelsblad“ über den Nachfolger von Königin Beatrix. Mit dem Thronwechsel am morgigen Dienstag wird er einer der bestbezahlten Monarchen Europas.

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Dabei hatte Willem-Alexander einst erklärt, dass er verzichten wird, sollte die Königsrolle nur noch eine zeremonielle sein und auf „Lintenknipperij“ – das Durchschneiden von Einweihungsbändern – hinauslaufen. Genau so ist es zwar gekommen – das Parlament schränkte die wenigen politischen Befugnisse niederländischer Monarchen voriges Jahr weiter ein.

Doch als der Thronfolger vor einer solchen Entwicklung warnte, war er 26 und steckte noch in seiner Sturm- und Drang-Phase. Als Student hatte er sich am Biertisch den Spitznamen Prins Pilsje ertrunken. Von sich reden machte der breitschultrige Blondschopf mit dem gewinnenden Lachen weniger durch Topklausuren als mit Zechtouren und neuen Freundinnen.

Auch mal damit, dass er sein Auto in eine Gracht der Universitätsstadt Leiden fuhr.

Intelligent, nicht intellektuell

Der Prinz ist „intelligent, aber nicht intellektuell“, formulierte der Historiker Henk Wesseling, der seine Examensarbeit im Studienfach Geschichte betreute. Heute – zwei Jahrzehnte danach und längst verheiratet mit der bodenständigen Argentinierin Maxima sowie Vater dreier entzückender Töchter – sieht der neue König die „Lintenknipperij“ erheblich entspannter.

Eine nur symbolische Rolle, eine rein zeremonielle Königswürde? Überhaupt kein Problem, betonte der einst so ungestüme Kronprinz kurz vor dem Thronwechsel in einem TV-Interview an der Seite Maximas. Sie darf sich als Monarchengattin Königin nennen lassen. Nicht dass ihnen Titel wichtig wären, erklärten beide. Jeder dürfe sie nennen, wie er möge. „Ich bin kein Protokollfetischist“, versicherte der Prinz einem Millionenpublikum.

Eine nur zeremonielle Rolle sei doch okay. Denn: „Auch beim Bändchenschneiden kann es um Inhalte gehen.“ Schließlich kann er selbst entscheiden, welche Bändchen er zerteilt, und so zeigen, was ihm wichtig ist, sagte der Prinz. Monarchiegegner wettern zwar, dass er dafür mit einem Jahresgehalt von steuerfreien 850 000 Euro überbezahlt sei und die 200 000 Euro Basissalär des deutschen Bundespräsidenten auch für das Oranje-Staatsoberhaupt ausreichen sollten.

Dennoch verfehlt die „Ich bin euer Kumpel Willem“-Offensive nicht die erwünschte Wirkung: Die sowieso traumhaften Sympathiewerte der Oranje-Royals stiegen weiter. Tatsächlich war der geschickte Auftritt wohl auch eine Flucht nach vorn. Willem-Alexander überrumpelte damit selbst den ärgsten Monarchiewidersacher im Parlament: „Eindrucksvoll“, schrieb Geert Wilders, der Chef der populistischen Partei für die Freiheit, im Kurzmitteilungsdienst Twitter. „Er begreift das Primat der Politik.“

Der Thronwechsel ist morgen Stoff für viele Sondersendungen im Fernsehen: Die ARD berichtet sechs Stunden live (9.05–11 Uhr, 13–16 Uhr und um 18.15 Uhr). RTL sendet von 12–15.40 Uhr. Das ZDF berichtet um 17.45 Uhr sowie von 20.15–21 Uhr.

Von Thomas Burmeister