Rheinland-Pfalz

Steuererklärung: So holen Sie sich Geld vom Staat zurück

So holen Sie sich Geld vom Staat zurück Foto: dessauer - Fotolia

Die Formulararbeit ist lästig, für viele Rheinland-Pfälzer aber durchaus lohnend: Über die Steuererklärung holen sich knapp 90 Prozent der Arbeitnehmer Geld vom Staat zurück, zwei Drittel von ihnen 100 bis 1000 Euro. Denn Rheinland-Pfalz ist ein Pendlerland – und an den Ausgaben für die teils langen Touren beteiligt sich der Staat.

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Von unserer Chefreporterin Ursula Samary

Schon auf einem 15 Kilometer weiten Weg zum Arbeitsplatz (einfache Fahrt) an 230 Tagen lassen sich 1035 Euro absetzen, 35 Euro mehr, als der Arbeitnehmerpauschbetrag vorsieht. Wer will dieses Geld verschenken? Wichtige Tipps kennt die Chefin des Landesamts für Steuern, Brigitte Bollinger-Wechsler, und gibt sie auch weiter:

Neues taucht bei der jährlichen Steuererklärung immer auf. Aber diesmal verbessert sich für den Steuerzahler auch einiges: Der steuerfreie Grundfreibetrag steigt 2015 um 118 Euro von 8354 Euro auf 8472 Euro. Bei Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnerschaften verdoppelt sich dieser Betrag. Damit verbunden: Auch der Höchstbetrag für den Abzug von Unterhaltsleistungen für bedürftige Personen wird in gleicher Höhe angehoben. Unterstützt jemand finanziell einen Verwandten – etwa die Mutter mit absoluter Minirente -, kann er davon eine Summe von bis zu 8472 Euro entlastend bei der Steuer geltend machen.

Kinderfreibetrag und Kindergeld: Der Kinderfreibetrag steigt für 2015 um 72 Euro auf nun 2256 Euro je Elternteil. Zusammen mit den unveränderten Freibeträgen für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf betragen die Freibeträge für Kinder für das Jahr 2015 insgesamt 3576 Euro (ein Elternteil) beziehungsweise 7152 Euro (Elternpaar). Gleichzeitig wurde das Kindergeld monatlich um 4 Euro je Kind erhöht: Fürs erste und zweite Kind gab es 2015 jeweils 2256 Euro – und damit die entsprechende Summe wie beim Kinderfreibetrag. Für das dritte Kind gab es 2328 Euro und für jedes weitere Kind 2628 Euro jährlich. Ob der Abzug der Kinderfreibeträge oder aber das Kindergeld im Einzelfall steuerlich günstiger ist, wird von den Finanzämtern automatisch bei der Bearbeitung der Steuererklärung geprüft. Dazu muss aber in der Steuererklärung 2015 die „Anlage Kind“ ausgefüllt werden. Als Faustregel gilt: Bei geringen Einkünften ist das Kindergeld attraktiver, bei höheren Gehältern der Steuerfreibetrag.

Alleinerziehende können bei der Steuererklärung (ebenfalls Anlage Kind) zusätzlich noch einen höheren Entlastungsbetrag als bisher beantragen. Dieser stieg 2015 um 600 Euro auf 1908 Euro pro Jahr. Für jedes weitere Kind, das im Haushalt lebt, erhöht sich dieser Betrag jeweils zusätzlich noch um 240 Euro. Beispiel: Bei drei zum Haushalt gehörenden Kindern beträgt der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende 2388 Euro (1908 + 240 + 240 Euro).

Scheidung: Sogenannte Ausgleichsleistungen zur Vermeidung des Vorsorgungsausgleichs nach einer Ehescheidung oder der Auflösung einer Lebenspartnerschaft sind ab 2015 als Sonderausgaben abzugsfähig (Anlage Unterhalt). Der Empfänger muss jedoch das vom Ex-Partner erhaltene Geld in vollem Umfang als sonstige Einkünfte versteuern. Prozesskosten: Bei diesen Scheidungskosten gibt es noch eine Hängepartie: Nach dem Willen des Gesetzgebers sind Prozesskosten „nur noch in extremen Ausnahmefällen als außergewöhnliche Belastung abzusetzen“, etwa wenn ohne Prozess die Gefahr besteht, die Existenzgrundlage zu verlieren. Aber: Mehrere Finanzgerichte, das rheinland-pfälzische als erstes, halten Scheidungskosten weiter für absetzbar. Deshalb lohnen sich Einsprüche, wenn das Finanzamt Scheidungskosten nicht anerkennt. Sie ruhen dann bis zu einem höchstrichterlichen Urteil, erklärt die Präsidentin des Landesamts für Steuern, Brigitte Bollinger-Wechsler.

Reisekostenrecht: Sind Arbeitnehmer an mehreren Standorten (Filialen) ihres Unternehmens tätig, sollten sie mit dem Chef klären, welche die „erste Tätigkeitsstätte“ ist. Das kann bares Geld bedeuten, denn die Entfernungspauschale (30 Cent pro Kilometer, einfache Fahrt) macht sich an diesem ersten oder regelmäßigen Arbeitsplatz fest. Fahrten zu Filialen gelten dann als Dienstreisen, bei denen die tatsächlich gefahrenen Kilometer abgerechnet werden können – als steuerfreie Reisekostenvergütung beim Arbeitgeber oder bei den Werbungskosten in der Steuererklärung (30 Cent je Kilometer mit dem Pkw, 20 Cent mit dem Motorrad). Für Dienstreisen gibt es seit 2014 nur noch zwei statt drei Pauschalen – 12 Euro für mehr als acht Stunden, 24 Euro bei Abwesenheit von mehr als 24 Stunden.

Arbeitnehmerpauschale: Sie wird automatisch mit 1000 Euro angerechnet. Genaue Belege über Fachbücher, Bewerbungskosten (Fotos, Kopien, Porto), Arbeitsmittel, Sprachkurse oder typische Berufsbekleidung, die ein Koch oder Handwerker braucht, müssen nur noch gesammelt und vorgelegt werden, wenn der Arbeitnehmer mehr als 1000 Euro in der Anlage N absetzen kann. Unter diese Position fallen auch Kontoführungsgebühren (pauschal 16 Euro) und die im Pendlerland Rheinland-Pfalz eben häufig anfallenden Fahrtkosten (einfache Strecke und 30 Cent pro Kilometer), auch wenn man zum Arbeitsplatz radelt.

Handwerkerleistungen lassen sich zu 20 Prozent, höchstens aber mit bis zu 1200 Euro im Jahr absetzen. Dies gilt jedoch nur für den Arbeitslohn (inklusive der Maschinen- und Fahrtkosten), aber nicht fürs Material, wenn zum Beispiel die Waschmaschine defekt ist oder Wände gestrichen werden. Aber: Die Rechnung muss immer bargeldlos bezahlt werden und ein Bankbeleg nachweisbar sein. Ohne Quittung gibt es kein Geld. Denn der steuerliche Anreiz soll ja helfen, Schwarzarbeit zu bekämpfen. Die Liste der absetzbaren Leistungen ist lang – sie reicht von Modernisierungskosten über die Reparatur von Geräten bis hin zum Austausch einer Einbauküche oder der Wartung von Heizungsanlagen. Das gilt auch für Mieter. Die einzelnen Posten finden sich in der Nebenkostenabrechnung, etwa für Wartung oder Hausmeister.

Haushaltsnahe Dienstleistungen: Die Kosten lassen sich weiter zu 20 Prozent, aber höchstens mit 4000 Euro im Jahr absetzen. Dazu zählen Hilfen im Haushalt oder im Garten, aber auch Pflege und Betreuung. Der Partyservice beim Geburtstag wird nicht angerechnet, eine Hilfe in der Küche aber schon. Auch wer fürs Schneeschippen oder Kehren von Gehwegen und Straßen in unmittelbarer Grundstücksnähe einen Dienstleister beauftragt, kann die Arbeitskosten auch anrechnen lassen. Ab 2015 gilt dies auch für Umzugskosten. Ebenfalls neu: Auch die Kosten für die Versorgung und Betreuung eines im Haushalt lebenden Haustieres können steuermindernd berücksichtigt werden.

Rente und Vorsorge fürs Alter: Fürs Jahr 2015 können Steuerzahler mehr Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben bei ihrer Steuererklärung geltend machen. Der Anteil der absetzbaren Kosten für die Vorsorge im Alter (etwa Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, Rürup-Rente) sowie deren Förderhöchstgrenze sind gestiegen: Für 2015 können sich so maximal 17 738 Euro für Alleinstehende (35 476 Euro für Ehepaare und eingetragene Lebenspartner) steuermindernd auswirken. Dies entspricht 80 Prozent der Förderhöchstgrenze für Altersvorsorgeaufwendungen, wie das Landesamt für Steuer feststellt. Aber: Der Anteil der Rente, der versteuert werden muss, steigt auch weiter. Für Rentner, die ab 2015 erstmalig Rente beziehen, beträgt dieser nun 70 Prozent. Für alle alten Rentenjahrgänge bleibt der steuerpflichtige Anteil jedoch unverändert. Die meisten Senioren müssten, so das Landesamt, auch weiter keine Steuern zahlen. Denn vom steuerpflichtigen Teil der Rente werden zunächst Sonderausgaben (wie Krankenversicherung) oder haushaltsnahe Dienstleistungen abgezogen. Nur wenn dann das zu versteuernde Einkommen noch über dem Grundfreibetrag (ab 2015 für Alleinstehende 8472 Euro, bei Paaren das Doppelte) liegt, greift der Fiskus zu.

Start der Berechnung beim Fiskus: Steuererklärungen werden erst Ende Februar bearbeitet, so das Landesamt. Denn bis zum 28. Februar haben Finanzdienstleister (Banken, Versicherungen, Lohnbüros) Zeit, Daten zu übermitteln. Zudem liegen dann erst aktuelle Computerprogramme vor.

Weitere Infos gibt es im Internet unter www.lfst-rlp.de. Hier lassen sich auch Formulare herunterladen. Zudem haben die Finanzämter eine Hotline unter 0261/201 792 79. Als Service gibt es auch die vorausgefüllte Steuererklärung unter www.elsteronline. de. Über sie können Daten aber nur abgerufen werden, wenn man sich mit seiner Steueridentifikationsnummer registriert hat.