Kalkutt

Schwestern helfen Todkranken, in Würde zu sterben

Nonnen der "Missionarinnen der Nächstenliebe" halten im indischen Bhopal das Andenken an Mutter Teresa zu deren 100. Geburtstag lebendig. M Foto: dpa
Nonnen der "Missionarinnen der Nächstenliebe" halten im indischen Bhopal das Andenken an Mutter Teresa zu deren 100. Geburtstag lebendig. M Foto: dpa

Das Kloster von Mutter Teresas „Missionarinnen der Nächstenliebe“ liegt an einer viel befahrenen Straße im Herzen von Kalkutta. Durch die vergitterten Fenster dringt der Lärm der indischen Millionenstadt ins Innere, wo Ordensschwestern in blau-weißen Saris geschäftig ihrer Arbeit nachgehen.

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Kalkutt – Das Kloster von Mutter Teresas „Missionarinnen der Nächstenliebe“ liegt an einer viel befahrenen Straße im Herzen von Kalkutta. Durch die vergitterten Fenster dringt der Lärm der indischen Millionenstadt ins Innere, wo Ordensschwestern in blau-weißen Saris geschäftig ihrer Arbeit nachgehen. In der Verwaltung klappern alte Schreibmaschinen. Im Innenhof wird Wäsche gewaschen. „Wenn Sie so wollen“, sagt eine der gut gelaunten Nonnen, „dann ist das hier das Hauptquartier unserer Organisation.“ Zu dieser zählen 3000 Ordensschwestern und 500 Ordensbrüder, die in 710 Häusern in 137 Ländern der Erde arbeiten.

Stille herrscht im Erdgeschoss des 1953 bezogenen Mutterhauses, wo die vor 13 Jahren gestorbene Ordensgründerin ihre letzte Ruhe gefunden hat. In der Mitte des Raumes ist ein weißer Sarkophag in den Boden eingelassen, geschmückt mit Blumen und Kerzen. Immer wieder beten Schwestern am Grab. Für sie ist Mutter Teresa, die heute 100 Jahre alt geworden wäre, hinter diesen Klostermauern so präsent wie andernorts bei ihrer täglichen Arbeit für den Orden.

„Mutter Teresa hat gesagt, dass wir zu den Menschen müssen. Auf die Straße, wo sie liegen und fallen“, sagt die 71-Jährige, die einst aus Bayern nach Kalkutta kam. „Wo sonst niemand hingeht, dort ist unser Platz.“

Eine halbe Autostunde vom Kloster entfernt gibt es so einen Ort – das Sterbehaus Nirmal Hriday (Reines Herz). Mutter Teresa hat es 1952 im Stadtteil Kalighat als erste Einrichtung ihres Ordens eröffnet, zwei Jahre nachdem der Vatikan diesen anerkannt hatte. Die Einrichtung in Kalighat ist zum Synonym für die Arbeit des Ordens geworden. Mutter Teresas Haus für kranke und sterbende Arme steht über dem Eingang. In zwei Sälen werden 110 Männer und Frauen von Nonnen und Freiwilligen aus aller Welt versorgt. Vielen kann mit einfachen Mitteln Linderung verschafft werden. Andere sind hier, um in Würde zu sterben.

Kritiker bemängeln, dass es in den Häusern des Ordens keine volle medizinische Versorgung gibt. Oberin Glenda: „Wir sind keine Klinik. Menschen, die geheilt werden können, vermitteln wir an Ärzte.“ Die Behandlungskosten übernehme der Orden.

„Ohne die Hilfe der Schwestern wäre ich jetzt tot“, mischt sich der 50-jährige Ram Bahadur ins Gespräch ein. Nach einem schweren Unfall vor ein paar Jahren sei er vor dem Sterbehaus abgelegt worden. „Als mir niemand helfen wollte, haben die Schwestern 400 000 Rupien (knapp 6700 Euro) für meine Operation bezahlt und mich gepflegt.“ Schwester Glenda lächelt und sagt: „Viele kommen in einem wirklich fürchterlichen Zustand zu uns, doch Gott nimmt sich ihrer immer an.“ Stefan Mentschel