RZ-KOMMENTAR: Nicht dem Ruf des Geldes folgen

Von Christian Kunst

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Hätte man mich vor zehn Jahren um einen Kommentar zu Roland Koch gebeten, dann wäre der Tenor klar gewesen: Ich hätte den frisch gewählten Ministerpräsidenten in eine Schublade mit Alfred Dregger, dem einstigen Rechtsaußen der Union, gesteckt. Gerade hatte Koch damals mit einer unsäglichen Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft nach Wählerstimmen gefischt. Dass der CDU-Politiker dann wegen der ungeheuerlichen Spendenaffäre nicht von seinem Amt zurücktrat, potenzierte meine Abneigung gegen Koch noch mehr.

Doch zehn Jahre später fällt meine Bilanz gemischter, fast positiv aus. Koch ist seinem Ruf als Agent Provocateur bis zuletzt treu geblieben. Und dies trotz aller Widerstände besonders aus der Berliner Politik, die immer mehr stromlinienförmige Typen hervorbringt. Kochs Äußerungen über kriminelle Ausländer oder Parolen wie „Ypsilanti, Al Wazir und Kommunisten stoppen„ sind grenzwertig. Doch Koch sagt zu Recht: „Polarisierung ist ein wichtiges Mittel der demokratischen Auseinandersetzung.“ Der Hesse hatte Ecken und Kanten, an denen sich viele Menschen rieben, die aber auch vielen konservativen CDU-Wählern Halt gaben. Deshalb ist sein Abgang für die Union und Kanzlerin Angela Merkel ein herber Verlust. Doch selbst viele Gegner Kochs dürften den Machtpolitiker bald vermissen. Denn mit Koch geht ein Original, das den politischen Wettbewerb bereichert hat. Dem Hessen ist zu wünschen, dass er dem Vorbild eines anderen Machtpolitikers nicht folgt: Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) folgte nach seinem Rückzug dem Ruf des Geldes. Koch sollte sich diesen Schritt genau überlegen. Denn dies könnte seinem Ansehen mehr schaden als jede Kampagne, die er losgetreten hat.