RZ-KOMMENTAR: Bundespolitisch haben die Freien Wähler nicht viel zu bieten

Rena Lehmann
Rena Lehmann Foto: Jens Weber

Die Freien Wähler haben sich landauf, landab in vielen Kommunen einen guten Ruf erworben. Sie haben das Ohr nah bei den Menschen, nehmen sich örtlicher Sorgen und Nöte an, sie stellen Bürgermeister und Gemeinderäte. Sie stehen für ein pragmatisches Verständnis von Politik, das viele bei den bundesweit etablierten Parteien vermissen.

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Das Vorhaben des Bundesvorsitzenden jedoch, im nächsten Jahr in den Bundestag einzuziehen, ist nicht nur angesichts ihrer jüngsten bescheidenen Ergebnisse bei Landtagswahlen ein eher aussichtsloses Unterfangen. Auch inhaltlich haben die Freien Wähler bundespolitisch wenig zu bieten.

Ganz offensichtlich sieht der Bundesvorsitzende jetzt, da die Euro-Krise immer weitere Kreise zieht, die Gunst der Stunde gekommen, um die Freien Wähler zum Sammelbecken anti-europäischer Stimmungen im Land zu erklären. Seine Antworten auf die Krise fallen jedoch mager aus, mehr noch: Sie sind rückwärtsgewandt und verkennen die Realität einer vernetzten Wirtschafts- und Währungsunion in Europa und der Welt. Statt mehr Europa wollen sie das Rad zurückdrehen. Nationalstaaten stärken statt die Vertiefung der Union voranzutreiben, heißt ihre Lösung für die Euro-Krise. Wer sich die Mitgliedschaft nicht leisten kann, soll künftig einfach aus der Euro-Zone ausscheiden müssen. So wollen sich die Freien Wähler für Frieden, Wohlstand und Demokratie in Europa starkmachen, wie sie behaupten. Tatsächlich aber bedienen sie Ängste und schüren Stimmung gegen eine Europäische Union, wie sie längst Realität ist. Andere waren mit solchen Thesen in Deutschland bisher nicht erfolgreich. Die europäische Idee ist hierzulande zum Glück bei vielen tief verwurzelt. Aus dem Grundsatzprogramm der Freien Wähler klingt dagegen auch eine Angst vor Überfremdung an.

Hinzu kommt, dass die Basis in der Frage, ob sie sich in eine Bundestagswahl wagen sollte, uneins ist. Viele sehen überhaupt kein gemeinsames Programm. Die genannte Euro-Skepsis ist alles andere als Konsens. Ohne den uneingeschränkten Rückenwind der Basis ist der Bundestagswahlkampf aber sowieso aussichtslos. Die Freien Wähler vor Ort würden sich künftig mit den Zielen ihrer bundespolitischen Führung auseinandersetzen und im Zweifel für diese einstehen müssen. Die Folge wäre, dass sie künftig gar nicht mehr so frei wären. Sie könnten in den Kommunen an Boden verlieren, wenn sie unüberlegt nach den Sternen greifen.

E-Mail: rena.lehmann@rhein-zeitung.net