Rheinland-Pfälzer unterstützen Partnerland: Warum Ruanda ganz nah ist
Zahlen, die Ruandas Minister Francis Kaboneka von einer „tiefen, verlässlichen und kontinuierlichen Freundschaft“ schwärmen lassen. Zahlen, die für den rheinland-pfälzischen Innenminister Roger Lewentz „beweisen, dass ein mittelgroßes deutsches Bundesland wirklich Verantwortung in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit übernehmen kann“.
Im Gespräch mit unserer Zeitung betont Lewentz, dass es sich aber nicht vorrangig um eine Partnerschaft der Regierungen handelt. „Die vielen Vereine und örtlichen Organisationen sind das Rückgrat“, unterstreicht er, spricht von einer „Graswurzelbewegung“ und führt aus, dass es allein 200 Schulpartnerschaften im Land gibt. 30 Millionen Euro Spenden sind auf diesem Wege zu den 70 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt hinzugekommen. „Mindestens“, betont Lewentz und verweist darauf, dass teilweise Container mit Gütern auf den Weg gebracht worden sind, deren Wert sich nur schwer beziffern ließ.
1982 gegründet und als einzige Landespartnerschaft aktiv überlebt
1982 hatte Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) alle elf damaligen Bundesländer aufgefordert, Partnerschaften in Afrika zu gründen. Die damalige rheinland-pfälzische Regierung unter Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) wählte Ruanda, und diese Freundschaft hat als einzige bis heute aktiv überlebt. Sie gilt mittlerweile als Musterbeispiel und findet weltweite Beachtung. „Wir haben bei der UNO vorgetragen, und der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit verweist in Berlin überall auf uns“, sagt Lewentz
Besonders stolz macht ihn dabei, dass die Partnerschaft heute nicht nur in Rheinland-Pfalz parteiübergreifend unumstritten ist, sondern auch den im Land fast alles umstürzenden Genozid 1994 (siehe Auslagerung) überstanden hat. „Vielleicht hat sie gerade dieses düstere Jahr überlebt, weil sie schon zwölf Jahre bestand und die Menschen das Elend dadurch noch näher empfunden haben“, überlegt Lewentz. „Wie wir 1945 lag das Land völlig am Boden und hat von uns Hilfe bekommen. Darauf können wir stolz sein, und das vergisst man uns in Ruanda auch nicht“, stellt er fest.
Die Dankbarkeit der Menschen lässt sich bei einer Fahrt durchs Land leicht nachvollziehen. Bei Besuchen an den Partnerschulen des Lahnsteiner Johannes-Gymnasiums, der Engerser Kunostein-Grundschule und des Ruanda-Komitees Bad Kreuznach, bei aus Landau, Bitburg und Hachenburg unterstützten Behinderteneinrichtungen oder in einer Kaffeekooperative, die ihre Bohnen über die Landespartnerschaft zu fairen Preisen verkaufen kann: Überall, wo die rheinland-pfälzische Delegation bei der jüngsten Reise zum 35-jährigen Bestehen auftauchte, war der Jubel groß. Menschenmengen strömten zusammen, tanzten und bedankten sich mit überschwänglichen Worten und Geschenken.
Auf der anderen Seite ist Lewentz sicher, dass auch die Rheinland-Pfälzer profitieren. „Bei vielen Begegnungen erlebe ich, dass die Menschen unglaublich stolz auf die Partnerschaft sind“, sagt er. „Viele Eltern haben mir erzählt, wie stolz ihre Kinder waren, dass sie für ihre Partner in Ruanda an Spendenläufen teilgenommen haben und dass sie dann noch eine Runde mehr und noch eine Runde mehr gerannt sind. Das ist doch die beste Erziehung zum Gedanken einer Welt, die man sich vorstellen kann“, ist er überzeugt.
Die Digitalisierung eröffnet der Partnerschaft neue Möglichkeiten
Unter dem Strich steht somit nach 35 Jahren vor allem ein „Weiter so“. Die bereits seit einiger Zeit verfolgte Stärkung der handwerklichen Ausbildung soll dabei weiter eine große Rolle spielen. „So geben wir jungen Menschen eine Chance im Land, und sie müssen sich nicht auf Wanderschaft in Richtung Europa und Deutschland begeben“, weiß der Innenminister. Auch das – für afrikanische Verhältnisse – Nischenthema der Förderung Behinderter soll weiter vorangetrieben werden.
Darüber hinaus müsse eine Verjüngung eintreten. „In einigen Vereinen mit langjährig Engagierten stehen Wechsel an. Das sehen wir als Auftrag“, macht Lewentz deutlich. Er hofft, auch die Hochschulen einbinden zu können, um jungen Menschen nach der Schule weitere Möglichkeiten zu bieten, sich zu engagieren. Daneben sollen die Chancen der Digitalisierung genutzt werden. „Dadurch gibt es Möglichkeiten der Begegnung, die in den ersten drei Jahrzehnten der Partnerschaft nicht vorhanden waren“, sagt Lewentz und erzählt, dass das Partnerschaftsbüro schon Skype-Konferenzen organisiert hat, bei denen die Schüler direkt in Kontakt treten konnten. Solche Aktionen seien fast wichtiger als die finanzielle Unterstützung. Sie füllen die Partnerschaft mit Leben.