Rheinland-Pfalz

Rechnungshof rügt hohe Verschuldung

Landesrechnungshofpräsident Klaus P. Behnke hatte keine guten Nachrichten zu verkünden. Mit ernster Miene nahm er die Haushaltspolitik der SPD-Landesregierung auseinander. Sein Fazit: „Der Schuldenanstieg ist umgebremst.“ Und weiter: „Eine Trendwende ist nicht in Sicht.“

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Rheinland-Pfalz. Landesrechnungshofpräsident Klaus P. Behnke hatte keine guten Nachrichten zu verkünden. Mit ernster Miene nahm er die Haushaltspolitik der SPD-Landesregierung auseinander. Sein Fazit: „Der Schuldenanstieg ist umgebremst.“ Und weiter: „Eine Trendwende ist nicht in Sicht.“

Der Chef der Speyrer Behörde gab unumwunden zu: „Diese Entwicklung macht mir Sorge. Dem Land droht der Verlust der finanzpolitischen Handlungsfähigkeit.“ Deutlicher hätten die unabhängigen Kontrolleure der Regierung ihre Kritik kaum ins Stammbuch schreiben können. Wenn das Land auf diesem Kurs bleibt, wird es nach Ansicht des Rechnungshofs schon bald von einer Schuldenlawine überrollt.

Der Blick in die Zukunft: Bis Ende 2014 geht Rheinland-Pfalz von einem Anstieg der Verschuldung von 30,6 Milliarden Euro (2006) auf 41 Milliarden Euro aus. Rechnungshofpräsident Behnke: „Dabei kostet den Steuerzahler jede Milliarde Euro langfristig finanzierter Schulden mehr als 30 Millionen Euro Zinsen jährlich.“ Mit anderen Worten: Die Schuldenspirale schraubt sich schneller und schneller nach oben.

Verfassungsrechtliche Zweifel: Der Rechnungshof stellt die Legitimität der Haushalts- und Finanzplanung für die Jahre 2011 bis 2014 ganz offen infrage. Dazu heißt es wörtlich: „Demnach überschreiten die jährlichen Kreditaufnahmen die verfassungsrechtliche Kreditobergrenze zum Teil erheblich.“ Das weiß auch die SPD-Landesregierung. Sie rechtfertigt die hohe Nettokreditaufnahme stets mit den Auswirkungen der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise, die, so der Fachbegriff, zu einer „Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ geführt habe.

Rechnungshofpräsident Behnke setzt ein dickes Fragezeichen hinter dieses Argument. „Die Inflationsraten sind moderat, das Bruttoinlandsprodukt steigt, die Arbeitslosigkeit sinkt. Da muss man sehr genau darlegen, warum man dennoch von einer ernsthaften und nachhaltigen Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts spricht“, so der Chef der Speyrer Behörde. Und weiter: „Angesichts der derzeitigen konjunkturellen Erholung ist zweifelhaft, ob die hohen Kreditaufnahmen zu rechtfertigen sind.“ Sind sie es nicht, würde die Landesregierung mit ihrer Haushaltspolitik die Verfassung brechen.

Konsolidierung des Haushalts: Die Speyrer Kontrolleure empfehlen dingend, die Bremse zu ziehen. „Wirksame Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung sind unumgänglich“, heißt es in ihrem 140 Seiten starken Bericht. Will heißen: Das Land muss drastisch sparen – unter anderem 600 bis 700 Stellen im Jahr. Doch das Misstrauen der Prüfer gegenüber der Landesregierung ist unüberhörbar: „Ein tragfähiges Konzept, wie bis 2020 ein struktureller Haushaltsausgleich ohne neue Schulden sichergestellt werden soll, liegt bisher nicht vor.“ Doch genau das verlangt die im Landtag von allen Parteien beschlossene Schuldenbremse. In diesem Gesetz ist festgeschrieben, dass die strukturelle Neuverschuldung bis 2020 auf einen Wert von null sinken muss.

Die Pro-Kopf-Verschuldung: Hier sieht der Rechnungshof Rheinland-Pfalz besonders weit hinten. Die Prüfer analysieren für das Jahr 2009: „Die Pro-Kopf-Verschuldung lag mit 6711 Euro um mehr als ein Viertel über dem Durchschnitt der anderen deutschen Flächenländer (5267 Euro).“

Der geprüfte Haushalt 2009: Auch hier attestieren die Kontrolleure, dass Rheinland-Pfalz auf Pump lebt. Zwei Beispiele: 12,3 Prozent des Haushaltes sind fremdfinanziert. Das ist weit mehr als im Durchschnitt der Flächenländer (7,4 Prozent). Und die Investitionsquote lag mit 10,8 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt von 14,1 Prozent. Würde der Pensionsfonds in Rheinland-Pfalz nicht als Investition gewertet, was der Rechnungshof ablehnt, läge die Quote sogar nur bei 8,5 Prozent. Die Investitionsquote zeigt an, wie handlungsfähig eine Landesregierung ist.

Das Finanzministerium kritisiert, dass der Rechnungshof die Auswirkungen der Finanzkrise zu wenig einbezieht. „Unser Sparwille ist klar zu erkennen“, so Finanzminister Carsten Kühl (SPD). CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner bemängelt: „Das Land tritt in der Schuldenpolitik aufs Gas statt auf die Bremse.“ Und weiter: „Wenn man der Landesregierung ein Zeugnis ausstellen müsste, hieße es: Versetzung nicht erteilt.“

Von unserem Redakteur Dietmar Brück