Berlin

Planungsfehler: Die Hauptstadt leistet sich eine Panne nach der anderen

Es war einer der seltenen Besuche Klaus Wowereits auf der Großbaustelle im Berliner Süden. „Der Flughafen ist eine Erfolgsstory“, erklärte Berlins Regierender Bürgermeister den verblüfften Reportern. Unmittelbar zuvor war bekannt geworden, dass der Großflughafen Berlin Brandenburg International in Schönefeld nicht zum damals noch geplanten Starttermin im Juni 2012 würde öffnen können.

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„Und wer das Projekt schlechtredet, schadet Berlin“, fügte der SPD-Politiker trotzig hinzu. Nicht nur die Piraten im Abgeordnetenhaus zweifelten an Wowereits Fähigkeit, die Dinge noch richtig einordnen zu können. Sein „Erfolgsstory“-Spruch schaffte es zwischen den Jahren sogar in das Jahresend-Quiz der ARD mit Frank Plasberg: Die Promis Günther Jauch, Jan Josef Liefers, Armin Rohde und Verona Pooth sollten vor einem Millionenpublikum erraten, welcher Spitzenpolitiker das Bau- und Planungsdesaster um den Großflughafen im Berliner Süden eine „Erfolgsstory“ genannt hatte. Die Zeiten, in denen Klaus Wowereit für seine Bonmots („Berlin ist arm, aber sexy“; „Ich bin schwul, und das ist auch gut so“) gefeiert wurde, sind lange vorbei. Seine Popularitätswerte sinken seit Monaten.

„Wowi“, wie ihn die Berliner rufen, werden die Flughafenpleite und der damit verbundene Ansehensverlust für Berlin persönlich angelastet. Die Hauptstädter sind Pleiten, Pech und Pannen in ihrer Stadt zwar gewöhnt; sie nehmen sie in der Regel mit lässiger Nonchalance zur Kenntnis. Doch nun, da klar geworden ist, dass für den Großflughafen auch der zuletzt angepeilte Eröffnungstermin 27. Oktober 2013 nicht mehr zu halten ist und der Airport frühestens 2014 in Betrieb gehen kann, schwindet der Rückhalt für Wowereit in den eigenen Reihen.

In Berlin fielen in den elf Jahren seiner Amtszeit immer wieder frappierende Planungsfehler auf. Im Januar 2007 etwa riss ein durchschnittlicher Sturm zwei Stahlträger aus dem gläsernen Dach des neuen Hauptstadt-Bahnhofs, nur durch Glück wurde niemand verletzt. Zugleich wurde bekannt, dass das Dach aus Kostengründen kürzer ausgefallen ist als geplant. Die Folge: Erste-Klasse-Passagiere werden seither buchstäblich im Regen stehen gelassen, wenn sie ankommen.

Im Sommer 2007 wurden auf „Europas größter und sicherster Baustelle“ – dem Neubau der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND) – geheime Architektenpläne entwendet. Wegen der notwendig gewordenen baulichen Veränderungen nach dem Dokumenten- Klau und zusätzlichen Problemen mit einer „unzureichenden Lüftungsanlage“ verzögert sich die Fertigstellung der BND-Zentrale nun von 2013 auf 2015.

Auch das Chaos bei der Berliner S-Bahn ist den Hauptstädtern noch in frischer Erinnerung. Zwei Winter hintereinander, 2009 und 2010, schafften es Planer und Techniker der Bahn nicht, die wegen der kalten Witterung ausfallenden Züge flottzumachen. Die Hauptstadt war monatelang mit ihrem wichtigsten Verkehrsträger überfordert.

Jüngstes Beispiel für die Pannenserie ist die Sanierung der Staatsoper Unter den Linden. Ob die für Oktober 2015 geplante Wiedereröffnung nach der Sanierung eingehalten werden könne, ist fraglich, räumte unlängst Senatsbaudirektorin Regula Lüscher ein.

„Die Terminsituation ist kritisch, sehr kritisch“, sagte sie. Das Grundwasser am Baugelände sei zu hoch, die Altbausubstanz schlechter als gedacht. Die Kosten für die Staatsoper explodieren, doch Berlin schert's bisher eher wenig, schließlich steuert der Bund zwei Drittel zu der fast 300 Millionen Euro teuren Sanierung bei.

Da erscheint es fast schon mutig, dass der Bund und das Land tatsächlich im Mai des laufenden Jahres mit dem Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses beginnen wollen. Auf dem Gelände des früheren Palastes der Republik soll für angeblich „nur“ 590 Millionen Euro der Glanz der Preußenkönige wiedererstrahlen. Man darf heute schon gespannt darauf sein, ob der für 2019 geplante Eröffnungstermin eingehalten wird.

Von unserer Berliner Korrespondentin Birgit Marschall