Pensionen-Last erdrückt das Land

Das Land muss sparen – doch für die pensionierten Beamten wird immer mehr Geld fällig. Ein Dilemma, das sich auch in den kommenden Jahren nicht ändern wird.

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M Von unserer Redakteurin Claudia Renner

Rheinland-Pfalz. Zündstoff für die Schuldenbremse: Wie alle Bundesländer muss Rheinland-Pfalz bis 2020 seine Neuverschuldung auf null senken. Doch die Ausgaben für Beamte im Ruhestand geben weiter Vollgas: Sie steigen im gleichen Zeitraum jedes Jahr um rund 110 Millionen Euro, wie das Finanzministerium auf Anfrage mitteilt. Und das, während das Land im Schnitt pro Jahr 160 Millionen Euro aus dem Haushalt heraussparen will.

Für Beamte und ihre Hinterbliebenen gilt: Die Pension ist sicher. Das Land wendet für sie dieses Jahr fast 1,3 Milliarden Euro auf, davon sind 208 Millionen Euro Beihilfen im Krankheitsfall. Zusammen sind das fast zehn Prozent der Landesausgaben und mehr als 20 Prozent der Personalkosten. Eine Kostenexplosion in Zeitlupe findet statt.

Die Lunte wurde in der Vergangenheit gelegt. Zwischen 1968 und 1972 entstanden jährlich um die 2000 zusätzliche Beamtenstellen, vor allem für Lehrer und Polizisten. Es waren die Reformjahre von Ministerpräsident Helmut Kohl (CDU). Vier Jahrzehnte später ist ein gutes Drittel der 62 600 aktiven Beamten zwischen 50 und 59 Jahre alt, sie scheiden im kommenden Jahrzehnt aus dem Dienst. Die Zahl der Ruheständler stieg im vergangenen Jahr um 2,8 Prozent auf 35 200. Noch schneller stiegen die Beihilfen: plus 6,3 Prozent.

Die Kostensteigerung hat mehrere Gründe. Nicht nur mehr, sondern auch besser qualifizierte Beamte mit höheren Pensionen wechseln in den Ruhestand. Vor zwei Jahrzehnten waren die meisten Polizisten im mittleren Dienst, nach der Laufbahnreform sind heute die meisten im gehobenen und höheren Dienst. Auch das Salär der Grundschullehrer ist gestiegen. Die steigende Lebenserwartung beschert ihnen im Durchschnitt 17 Jahre im Ruhestand, mit steigendem Alter werden mehr medizinische Leistungen notwendig. Erfüllt sich die Ministeriumsprognose, muss das Land 2020 seinen Ex-Beamten rund 2,4 Milliarden Euro überweisen.

Dabei war Rheinland-Pfalz mit seinem Pensionsfonds Vorreiter, die Kostenbombe zu entschärfen: Mitte der 1990er-Jahre – fünf Jahre nach ihrer Regierungsübernahme – hatten auch die Sozialdemokraten die Beamtenschaft kräftig auf damals 55 500 aufgestockt. Die künftige Kostenexplosion war absehbar. Als Sprengstoffexperte betätigte sich der damalige Finanzstaatssekretär Thilo Sarrazin, heute als sozialpolitisches Enfant terrible der SPD bekannt. Er ersann den 1996 gestarteten Pensionsfonds. Für jeden seither eingestellten Beamten legt das Land einen bestimmten Prozentsatz der Besoldung zusätzlich auf die hohe Kante, derzeit 35 Prozent des Salärs. Der Fonds legt das Geld gewinnbringend an. Gehen die Beamten in Pension, kommt der Fonds voll für ihre Versorgung auf. Das Modell fand bundesweit Nachahmer.

Bis in Rheinland-Pfalz die Versorgungsausgaben sinken, dauert es noch lange. Zwar ebbt in fünf Jahren die Pensionierungswelle ab, aber wegen der steigenden Pensionsansprüche und Gesundheitskosten „ist in den nächsten 25 Jahren kein Rückgang zu erwarten“, kalkuliert das Ministerium.

Das Ziel, mit dem Fonds einmal sämtliche Pensionen und Beihilfekosten abzudecken, wird erst in 40 bis 50 Jahren erreicht sein.