Berlin

Parteien: Poker vor der Wahl

Das Rennen, das sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Herausforderer Peer Steinbrück (SPD) liefern, könnte nicht ungleicher sein: Die „Physikerin der Macht“ ruht nach ihrem Sommerurlaub ganz in sich. Entspannen konnte Steinbrück auf seiner Aufholjagd dagegen nicht.

Lesezeit: 2 Minuten
Anzeige

Von unserer Redakteurin Ursula Samary

Dafür ist er mit seinem Markenzeichen „klare Kante“ zu oft angeeckt. Der Kandidat bleibt spürbar nervös. Da vermutlich die noch unentschlossenen Wähler am 22. September den Ausschlag geben werden, hastet die SPD nun von Haustür zu Haustür. Merkel hat noch mehr Vorteile: Sie ist selbst das Programm. Sie neutralisiert zudem klassische SPDThemen wie Mindestlohn oder Mietpreisbremse (Obergrenze für Mieten). Sie greift diese Themen ebenso auf.

Das lässt die SPD über diesen Themenklau wettern, aber Merkel bleibt in Umfragen vorn. Das Problem des SPD-Manns: Er muss einen Spagat schaffen. Er soll den über Parteigrenzen hinweg geachteten, eher im rechten Flügel der Partei angesiedelte Altkanzler Helmut Schmidt geben, aber gleichzeitig für ein rot-grünes und linkes Programm streiten.

Und: Sein Wissen als Finanzminister, mit dem er in der Großen Koalition neben Merkel glänzte, ist zurzeit wenig gefragt. Die Euro-Krise scheint in internationalem Konsens vertagt zu sein. Und: Merkel meisterte in den Augen vieler Deutscher viele Krisengipfel auch ohne Steinbrück. Zudem hat die SPD sämtliche Euro-Rettungspakete und -beschlüsse mitgetragen.

Um Angriffspunkte zu finden, heizt die SPD nun die Griechenland-Debatte an. Merkel ist aber klug genug, nicht zu siegesgewiss zu sein. „Es wird ganz, ganz knapp“, warnt sie. Sie will mit ihrem Vorsprung zwar rot-grüne Anhänger demobilisieren, aber keinesfalls eigene Wähler in zu großer Sicherheit wiegen. Am liebsten würde sie mit den Liberalen regieren, die – inzwischen geschwächt – nicht mehr so auftrumpfen können wie 2009. Doch auch eine erneute Große Koalition mit der SPD (2005 bis 2009) kann Merkel nicht ausschließen.

Und sie hat sogar beste Erinnerungen daran. Anders die SPD: Genossen wie Steinbrück arbeiteten in ihren Ämtern professionell, wurden aber 2009 vom Wähler abgestraft. Sensationeller Gewinner war damals die FDP. Doch mit ungeschickten Koalitionsverhandlungen ihres damaligen Chefs und heutigen Außenministers Guido Westerwelle und Personalquerelen schwächte sich die FDP und fiel in ein Umfrageloch. Mit Spitzenkandidat Rainer Brüderle berappelt sie sich mühsam. Liberale wollen damit punkten, dass es nur mit der FDP keine Steuererhöhungen geben wird.

Der Lagerwahlkampf ist ausgerufen, um Rot-Grün zu verhindern. Die Grünen liegen heute in Umfragen weit vor der FDP. Doch das hilft am Ende wenig, wenn die SPD nicht aus ihrem 25-Prozent-Loch der Umfragen kommt. Noch hat Schwarz- Gelb einen hauchdünnen Vorsprung. Rot-Rot-Grün, also ein Bündnis mit der Linkspartei, schließen SPD und Grüne vehement aus. Die „sonstigen“ Parteien, darunter die Euro-kritische Alternative für Deutschland (AfD) und die Piratenpartei, haben nach Zwischenhochs eine Stimmenflaute.

Aber auch da gilt: Das letzte Wort hat der Wähler.