Papstbesuch: Hohe Erwartungen an Benedikt XVI.

Die letzten Vorbereitungen für den Papstbesuch von Benedikt XVI. vom 22. bis 25. September in Deutschland laufen: Hochrangigen katholischen Würdenträgern ist die Anspannung anzumerken. Sie sorgen sich nicht in erster Linie um den reibungslosen Ablauf der Visite. Vielmehr fragen sich einige besorgt: Was wird der Papst hinterlassen? Wird es Benedikt XVI. gelingen, seiner gebeutelten Kirche in Deutschland wieder Mut zu machen?

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Die letzten Vorbereitungen für den Papstbesuch von Benedikt XVI. vom 22. bis 25. September in Deutschland laufen: Hochrangigen katholischen Würdenträgern ist die Anspannung anzumerken. Sie sorgen sich nicht in erster Linie um den reibungslosen Ablauf der Visite. Vielmehr fragen sich einige besorgt: Was wird der Papst hinterlassen? Wird es Benedikt XVI. gelingen, seiner gebeutelten Kirche in Deutschland wieder Mut zu machen?

Es gibt eine neue Zeitrechnung unter den Katholiken: vor dem Missbrauchsskandal und nach dem Missbrauchsskandal. Das Jahr 2010 war eine Zäsur. Inzwischen führt Papst Benedikt XVI. eine veränderte Kirche. Eine Institution, die eine „tiefe innere und äußere Erschütterung hinter sich hat“, wie es der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer, ausdrückt. Langendörfer, der auf deutscher Seite der Chefkoordinator der Papstreise ist, hofft auf „viele positive Anstöße“ durch den Papst.

Die Erwartungen an das katholische Oberhaupt sind groß. Benedikt soll neue Perspektiven eröffnen, die Kirche und die Menschen aufrichten und ihnen Impulse geben. Die Botschaft des Papstes soll innerhalb der Kirche und in die Gesellschaft hinein vermittelt werden. „Die Reise wird eine neue Ausrichtung für die katholische Kirche geben“, fasst Langendörfer zusammen.

Mehrere Gelegenheiten gibt es im vollen Programm der vier Tage, bei denen der Papst seine Botschaft der Öffentlichkeit überbringen kann. Zwei große Reden sind geplant: im Bundestag in Berlin und in Freiburg im Konzerthaus. Daneben predigt der Papst bei Messen im Berliner Olympiastadion, auf dem Erfurter Domplatz und in Freiburg sowie bei einem ökumenischen Gottesdienst in Erfurt.

Dem Zusammentreffen mit den Vertretern der evangelischen Kirche wird besonderes Gewicht beigemessen. Zwar ist für die Protestanten ebenso wie für die orthodoxen Kirchen, die Muslime und Juden nur eine halbe Stunde eingeplant. Doch der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) schlug das symbolträchtige Augustinerkloster in Erfurt als Ort der Begegnung vor. Dort lebte der junge Martin Luther (1483–1546) als Mönch. Ein hochrangiger katholischer Kirchenvertreter bezeichnet das Treffen an dieser Stelle als „Ungeheuerlichkeit“.

Von dem halbstündigen „Ökumene-Gipfel“ erwarten Beobachter jedoch keine entscheidenden Fortschritte. Das Bild vom „historischen Durchbruch“ wird von leitenden Geistlichen in der evangelischen und katholischen Kirche vermieden. Stattdessen ist vom Dialog auf Augenhöhe die Rede, den die Begegnung verdeutlichen soll. Dabei werden die evangelischen Gesprächspartner genau hinhören, ob der Papst im Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 neue Akzente setzen oder ob er Zwischenschritte auf dem Weg zu einer engeren Gemeinschaft vorschlagen wird. In den kontroversen Fragen des Verständnisses von Kirche und Amt, das bisher eine Annäherung bei der Abendmahlsgemeinschaft verhindert, wird es aber wohl wenig Bewegung geben.

Die Vorbereitungen seien von einem „geradezu freundschaftlichen Geist“ geprägt, sagt die Präses der EKD-Synode, Katrin Göring-Eckardt. Sie wird in dem ökumenischen Wortgottesdienst, in dem das Evangelium in der Luther-Übersetzung gelesen wird, Begrüßungsworte sprechen – eine Art Nebenpredigt. Schon damit sowie mit der Aufnahme von acht Frauen in die Delegation setzt die EKD einen deutlichen Akzent.

In katholischen Kirchenkreisen wird nicht damit gerechnet, dass das Missbrauchsthema den Papstbesuch dominieren wird. Wie bei Reisen in die USA und nach Irland wird Benedikt XVI. aber wohl Missbrauchsopfer treffen. Um Medienwirbel zu vermeiden, ist aber völlig unbekannt, wo und wann.

Entspannt sehen die katholischen Bischöfe dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Papst entgegen. 2009 hatte es Irritationen gegeben, weil Merkel den Papst für seinen Umgang mit dem Pius-Bruder und Holocaust-Leugner Richard Williamson kritisiert hatte. Inzwischen sind die Wogen geglättet.

Rainer Clos/Jutta Wagelmann