Hamburg

Ökologie: Rot für Rotbarsch, Makrele und Aal

Praktische Hilfe für Fischliebhaber: Mit Farben zeigt die Umweltorganisation Greenpeace in ihrem aktuellen Ratgeber, welcher Fisch nicht im Einkaufskorb landen sollte. Das Fazit in diesem Jahr: Für Makrele, Aal und Rotbarsch gilt Rot, umweltbewusste Fischesser sollten derzeit verzichten, empfehlen die Umweltschützer.

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Karpfen können sie unbedenklich genießen. So lauten die Empfehlungen im neuen Einkaufsratgeber von Greenpeace, der jetzt in Hamburg veröffentlicht wurde. Die Fischindustrie hingegen übte Kritik an der Kritik. „Viele Bestände sind überfischt, und zahlreiche Fangmethoden verursachen massive Umweltschäden“, klagte Iris Menn, Meeres-Expertin von Greenpeace, bei der Vorstellung des Ratgebers.

„Wer sich jedoch genau informiert, findet noch eine Auswahl, die auf den Teller darf.“ Einzelne ökologisch nachhaltige Fischereien gibt es zum Beispiel noch bei Hering, Thunfisch oder Kabeljau. Die Organisation bewertet auf dem kleinen Faltblatt, das in jede Geldbörse passt, rund 110 gängige Speisefisch-Arten – aufgeteilt in etwa 550 Wildfischbestände und 112 Herkunftsländer von Aquakulturen.

„Nicht empfehlenswert“: Rotbarsche hat Greenpeace in seinem Fischführer auf die Rote Liste gesetzt.
„Nicht empfehlenswert“: Rotbarsche hat Greenpeace in seinem Fischführer auf die Rote Liste gesetzt.
Foto: DPA

Im Vergleich zum vergangenen Jahr seien nachhaltige Fischereien bei Kabeljau, Seelachs, Seeteufel, Schwarzem Heilbutt und beim Zander hinzugekommen. Zwei Farben helfen den Verbrauchern, schnell zu erkennen, ob die Ware aus nachhaltiger Fischerei stammt: Grün steht für „noch empfehlenswert“, Rot für „nicht empfehlenswert“. Greenpeace will erreichen, dass sich bedrohte Bestände erholen können, wenn Verbraucher seltener und bewusster Fisch essen.

Auch wenn sich die Situation in den europäischen Meeren geringfügig verbessert hat, sind die Ozeane weltweit massiv überfischt, sagte Menn. Die Beurteilung von Greenpeace berücksichtigt bei Wildfischerei neben dem Zustand des Bestandes auch Faktoren wie Fangmethoden und Fischereimanagement. Bei Aquakulturen spielen etwa die Herkunft der Setzlinge und des Futters sowie die Einhaltung von Menschenrechten eine Rolle.

Die Organisation veröffentlicht den Einkaufsratgeber seit 2008 jährlich in aktualisierter Fassung. Die Auflage liegt bei 100 000. Erstmals wurde in den Einkaufsratgeber der Amerikanische und Europäische Hummer auf genommen. Die Krustentiere gelten laut Greenpeace mit wenigen Ausnahmen als „nicht empfehlenswert“. Beim Hummerkauf sollten Verbraucher deshalb genau hinschauen, wo und wie das Schalentier gefangen wurde.

Ökologisch vertretbar bei Amerikanischem Hummer (Homarus americanus) ist nach Einschätzung der Umweltorganisation Greenpeace noch das Fanggebiet FAO 21 im Nordwestatlantik. Das Tier sollte vor den Magdalenen-Inseln, vor Ost-Kanada, der Georges Bank oder im Golf von Maine mit Fallen gefangen worden sein. Darauf weisen die Umweltschützer in ihrem Ratgeber hin.

Beim Europäischen Hummer (Homarus gammarus) halten die Umweltschützer noch das Fanggebiet FAO 27 im Nordostatlantik mit den Sub-Fanggebieten Jersey und Normandie für akzeptabel. Auch er sollte mit Fallen gefangen worden sein. Keinerlei Bedenken haben die Umweltschützer ihrem neuen Ratgeber zufolge einzig beim Karpfen (Cyprinus carpio).

Bei vielen der 110 bewerteten Meerestierarten gibt es große Einschränkungen bei den Verzehrempfehlungen, von manchen wie Makrele oder Marlin wird ganz abgeraten. Nahezu 30 Prozent der weltweiten Meeresfischbestände sind überfischt und 57 Prozent an der Grenze maximaler Ausbeutung. Das geht aus dem jüngsten Report der Welternährungsorganisation FAO von 2012 hervor.

Einen Ausweg sehen manche Experten in der Fischzucht. Knapp die Hälfte aller vom Menschen konsumierten Fische stammt nach den jüngsten FAO-Daten von 2010 aus der Aquakultur. 1980 waren es noch 9 Prozent. „Aquakultur ist aber nicht die Lösung gegen weltweite Überfischung“, betonte Greenpeace-Fischereiexpertin Iris Menn.

„Da man etwa den Aal nicht züchten kann, werden die Jungfische für die Aquakultur eingefangen“, erläuterte sie. „Deswegen können wir Aal aus Aquakultur nicht empfehlen.“ Das gelte auch für Thunfischfarmen im Mittelmeer. „Dort werden Thunfische zusammengetrieben, gefangen und in großen Netzen aufgezogen.“

Es gebe aber auch Möglichkeiten, Aquakultur ökologisch zu gestalten, etwa bei Pflanzenfressern wie Karpfen, Pangasius oder Afrikanischem Wels. Im neuen Greenpeace- Fischratgeber werden die jeweiligen Kulturen daher unterschiedlich bewertet. Wie die Organisation weiter mitteilte, ergab eine Analyse von rund 15 000 Fischprodukten lediglich einen Anteil von einem Fünftel aus ökologisch nachhaltiger Produktion. Nur jedes vierte Produkt sei vollständig gekennzeichnet gewesen, kritisierte Expertin Menn.

„Damit Verbraucher empfehlenswerte Fischprodukte erkennen, müssen diese vollständig gekennzeichnet sein“, forderte sie von Einzelhandel und Fischindustrie. Fang oder Ernte müssten über alle Verarbeitungsstufen transparent zurückverfolgt werden können. Der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Fischindustrie und des Fischgroßhandels, Matthias Keller, kritisierte hingegen die Urteile im Greenpeace-Ratgeber als „zu pauschal“.

Die Umweltorganisation muss anscheinend übertreiben, um gehört zu werden, meinte er. Aktuelle Daten und Fakten seien zu wenig berücksichtigt worden. „Das ist eine falsche Unterstellung“, entgegnete Greenpeace-Expertin Menn. Unterstützung erhält Greenpeace von prominenter Seite. Die Starköchin Sarah Wiener hat für den Fischführer zwei Rezepte bereitgestellt.

„Verbraucher können einen wichtigen Beitrag zum Meeresschutz leisten, indem sie Fisch aus nachhaltiger Fischerei und Aquakultur kaufen“, sagte sie.

Details zu den 15 000 analysierten Fischprodukten unter http://ku-rz.de/fischfuehrer