Neue Datenschutzregeln in Online-Netzwerken: Kinder müssen draußen bleiben

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Facebook, Google und WhatsApp müssen sich umstellen. Wenn Europas Internetnutzer ab 2018 Urlaubsfotos posten, Kurznachrichten schreiben oder einkaufen, gelten neue Regeln, die nicht nur von den US-Konzernen Zugeständnisse verlangen.

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„Die EU-Bürger sind künftig Herr über ihre persönlichen Daten“, begrüßte Brüssels Justizkommissarin Vera Jourova die Einigung, die am Abend zuvor zwischen Parlament, EU-Kommission und die Vertretern der Mitgliedstaaten erzielt worden war. Die endgültige Verabschiedung der neuen Verordnung dürfte nun schnell durch das EU-Parlament vollzogen werden. 2018 können die Regeln in Kraft treten. „Wir geben dem Nutzer die Kontrolle über sein digitales Leben zurück“, erklärte die SPD-Europa-Abgeordnete Birgit Sippel. Von einem „Riesenschritt für starke Verbraucherrechte“ sprach der Grünen-Parlamentarier Jan Philipp Albrecht.

Regelwerk von 1995 abgelöst

Tatsächlich liegt die Stärke der neuen Datenschutz-Grundverordnung, die ein Regelwerk aus dem Jahr 1995 ablöst, in dem verbesserten Schutz für die Nutzer. Sie haben künftig einen Anspruch darauf, persönliche Informationen aus dem Netz löschen zu lassen. Das lange zitierte „Recht auf Vergessen“ wird eingeführt.

Neu ist, dass Kinder und Jugendliche in einigen europäischen Ländern Onlinedienste wie Facebook oder WhatsApp künftig bis zu einem Alter von 16 Jahren nur mit Zustimmung ihrer Eltern nutzen dürfen können. Es ist grundsätzlich ein Alter von 16 Jahren für die Einwilligung zur Datenverarbeitung vorgesehen, außer wenn nationales Recht die Marke tiefer setzt. In jeden Fall müssen Kinder 13 Jahre alt sein. Die Altersfrage war umstritten, in der Praxis haben auch viele jüngere Kinder schon Profile bei Onlinediensten. Kritiker warnen, dass Kindern und Jugendlichen die legale Nutzung der Plattformen erschwert wird, wenn bis zum Alter von 16 Jahren die Zustimmung der Eltern erforderlich ist.

Außerdem müssen die Mitgliedstaaten nationale Beschwerdestellen einrichten, die Verbraucher in ihrer Muttersprache betreuen. Denn ab 2018 gilt: Für das Internet ist das Recht des Landes ausschlaggebend, in dem die Dienste angeboten werden. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagt, was das bedeutet: „Es gibt keine Datenschutzoasen mehr. Selbst wenn jemand seine Server auf die Fiji-Inseln stellt, nützt das niemandem etwas.“ Voraussetzung dafür war eine Einigung der 28 Mitgliedstaaten auf gemeinsame Regeln, die nun vorliegen und somit auch US-Konzerne sowie Anbieter aus anderen Drittstaaten unabhängig von deren Standort binden.

Die Nutzer müssen deshalb nach dem Inkrafttreten der neuen Spielregeln für die digitale Welt ausdrücklich einer Weiterverarbeitung oder einem Export ihrer persönlichen Daten aus dem Geltungsbereich der EU heraus zustimmen. Im Fall einer unerlaubten Weitergabe oder einer Zweckentfremdung der Angaben zum Beispiel für Werbung drohen Konzernen horrende Strafen von bis zu 4 Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes. Das wären allein bei Google, dessen Umsatz 2014 mit 66 Milliarden US-Dollar (etwa 59 Milliarden Euro) angegeben wird, etliche Milliarden.

Durchbruch nach vier Jahren

Doch der Durchbruch nach fast vierjährigen Verhandlungen blieb nicht ohne Widerspruch. So beklagte der CDU-Datenschutzexperte und Europa-Abgeordnete Axel Voss, dass es zu viele Ausnahmeregelungen gibt, die „die notwendige Harmonisierung“ durchbrechen. Der Branchenverband Bitkom kritisierte, viele Regeln würden für Internetnutzer und Firmen „zu mehr Rechtsunsicherheit und mehr bürokratischem Aufwand“ führen.

Beim Bundesverband Digitale Wirtschaft hieß es, die Verordnungen gehe „in letzter Konsequenz zu lasten der Vielfalt des Internets“. Intelligente und etalierte Lösungen „zum technischen Schutz, wie sie zum Beispiel das deutsche Recht mit der in der Praxis bewährten Pseudonymisierung der Daten – dabei wird der Personenbezug der Informationen durch einen Code ersetzt, der die Identifizierung verhindert – schon lange kennt, werden weitestgehend vernachlässigt“. Detlef Drewes