Mädels, Bier und Schweinereien: Musiker auf Abwegen

Horst Fascher
Horst Fascher posiert vor einem Bild der gereiften Beatles: Er hat die Band hautnah erlebt, als sie noch kein Mensch kannte. Foto: dpa

Hamburg – Der Hamburger Horst Fascher, Musikpromoter und einst Manager von Tony Sheridan, war unter anderem Geschäftsführer in den legendären Lokalen „Top Ten“ und „Star-Club“ auf St. Pauli.

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Hamburg – Der Hamburger Horst Fascher, Musikpromoter und einst Manager von Tony Sheridan, war unter anderem Geschäftsführer in den legendären Lokalen „Top Ten“ und „Star-Club“ auf St. Pauli.

Der frühere Boxer lernte die Beatles kennen, als sie noch jung und unbekannt in Hamburg den Grundstein für ihre Karriere legten. Oft brachte er die Musiker mit nach Hause, seine Mutter bekochte die Jungs aus Liverpool. Im Interview spricht der inzwischen 74-Jährige über die Anfänge der Beatles, ihre Auftritte auf der Großen Freiheit und Kiez-Touren mit den Pilzköpfen.

Wann haben Sie einen der letzten beiden noch lebenden Beatles, Paul McCartney oder Ringo Starr, das letzte Mal getroffen?

„Das war Paul, beim Auftakt seiner Europatournee hier in Hamburg Ende vergangenen Jahres. Da hatte er allerdings ziemlichen Stress und war sehr in Eile. Trotzdem blieb Zeit für ein kurzes: “How is life? How is Mutti?„ Das hat er jedes Mal gefragt. Meine Mutter, die inzwischen gestorben ist, hat damals ja oft auch für die Beatles Eintopf mitgekocht und ihre Unterwäsche gewaschen.“

Als Sie die Beatles kennenlernten, waren die noch ganz junge Männer und unbekannte Musiker. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?

„Das waren ja ganz junge Kerle, die – 15 Jahre nach dem Krieg – aus Liverpool nach Hamburg gekommen sind mit der Warnung ihrer Eltern: “Das sind alles Nazis dort, seid bloß vorsichtig, wir haben solche Angst um euch.„ Aber die waren genauso wissbegierig wie wir. Als ich das erste Mal auf St. Pauli unterwegs war, konnte ich auch nicht genug sehen, nicht genug erleben. Jede Mark, die man übrig hatte, hat man dann irgendwie verballert. Wir sind oft um die Häuser gezogen und hatten unseren Spaß.“

Und trotzdem standen die Beatles immer wieder jeden Abend pünktlich auf der Bühne?

„Natürlich habe ich mir auch meine Späße mit den Jungs erlaubt, Mädchen auf sie losgeschickt oder ihnen auch das ein oder andere über eine benachbarte Transvestiten-Bar erzählt. Streng war ich trotzdem. Lennon hat mich “Nazi-Bastard„ genannt, weil ich so korrekt war und ihnen immer im Befehlston angeordnet habe: Fünf Minuten vor dem Auftritt seid ihr hinter der Bühne! Aber man muss sich das so vorstellen: Man hatte da zeitweise pro Nacht so 20 englische Musiker, alle tranken und sollten trotzdem rechtzeitig auf der Bühne stehen – da musste man streng sein.

Zu einem Auftritt kamen die Beatles dennoch nicht pünktlich.“

Was war passiert?

„Ich hatte ihnen mein Auto geliehen. Damit sind sie an die Ostsee gefahren – und haben es prompt kaputt gemacht. Sie hatten einen kleinen Unfall und der Motor sprang nicht wieder an. Das waren schon aufregende Zeiten damals. Einmal haben die Beatles doch glatt auf dem Fischmarkt ein Schwein gekauft, es “Bruno„ getauft und sind mit ihm an der Hundeleine über St. Pauli spaziert. Bruno Koschmieder gehörten unter anderem das “Indra„ und der “Kaiserkeller„ sowie das “Bambi Kino„, in dem die Beatles so schlecht untergebracht waren. Ich bekam dann einen Anruf von der Davidwache. Eine ältere Dame hatte gesehen, wie die Jungs das Schwein immer angetrieben haben und die Polizei alarmiert.“

Mochten Sie die Musik der Beatles von Beginn an?

„Musikalisch war ich zuerst ein bisschen enttäuscht. Ich kannte schon bessere Musik durch Tony Sheridan. Die Beatles hatten noch den Skiffle drauf. Skiffle war damals in England noch die Nummer eins, in Amerika war schon Rock'n'Roll. Das schwappte erst langsam rüber. Sie haben dann aber schnell erfahren, dass sie sich umstellen müssen. Und sie waren sehr fleißig, haben jeden Tag geübt und sind jeden Abend mit einem neu einstudierten Song auf die Bühne gegangen. Als Paul mir allerdings eines Tages das erste Mal “Love Me Do„ auf der Akustik-Gitarre vorspielte, mochte ich es nicht, das klang wie der Leierkasten im Hafen. Später wurde es dann ihre erste Single.“