Berlin

Luftfahrtschau: Folgt dem Höhenflug ein Handelskrieg?

Reger Betrieb in Berlin-Schönefeld, obwohl der Flughafen noch lange nicht eröffnet ist: Anlässlich der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) sind hier die Riesen der Lüfte zum Greifen nah.
Reger Betrieb in Berlin-Schönefeld, obwohl der Flughafen noch lange nicht eröffnet ist: Anlässlich der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) sind hier die Riesen der Lüfte zum Greifen nah. Foto: DPA

Die Luftfahrt boomt, ein Ende des Aufschwungs ist nach den jüngsten Prognosen kaum in Sicht. Sehr zufrieden darüber sind auch Aussteller und Fachpersonal bei der am Dienstag eröffneten Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin.

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Gleichzeitig ist Europas Luftfahrtbranche zutiefst besorgt. Denn ihr drohen nach eigener Einschätzung international Wettbewerbsnachteile, die für Europa den Verlust von Marktanteilen bedeuten könnten. Davor warnten zumindest die Fachminister der Airbus-Staaten Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien zum Auftakt der Flugmesse. Sie wollen deshalb den umstrittenen Emissionshandel in Europa vorübergehend aussetzen.

Dabei ist das Ziel der EU, wie so oft, ein hehres: Die Maßnahme soll dem Klimaschutz dienen. Ab Januar benötigen Airlines also EU-Zertifikate für den Ausstoß von Abgasen, ab April 2013 wird abgerechnet. Dann drohen bei Verstößen heftige Bußgelder. Das Problem wiederum ist, was es meist ist, wenn die EU schlagkräftig außenpolitische Akzente setzen will: Es macht nicht jeder mit. Und so entzweit das EU-Projekt zum Klimaschutz die Europäer und ihre internationalen Partner wie USA, China und Russland, die die Souveränität ihres eigenen Luftraums verletzt sehen und den Emissionshandel ablehnen.

Denn betroffen sind alle Flüge, die in Europa starten oder dorthin gehen – für die gesamte Strecke, also auch außerhalb des alten Kontinents. Im Extremfall gibt es EU-Flugverbote. Russland und Indien drohen EU-Airlines nun mit der Streichung von Überflugrechten, China hat bereits angedeutet, Milliardenaufträge für den europäischen Flugzeugbauer Airbus platzen zu lassen. „Airbus hat heute klargemacht, dass es durch Vergeltungsmaßnahmen eine große Gefahr fürs Unternehmen sieht“, erklärte der britische Minister Michael Fellon auf der ILA und fügte hinzu: „Die Zeit wird knapp.“

Der französische Verkehrsminister Frédéric Cuvillier meinte: „Wir haben deutlich gemacht, dass wir dem Umweltschutz verpflichtet sind, Europa hat gezeigt, wo es langgeht.“ Nun müsse eine Lösung gefunden werde, die dauerhaften Schaden vermeiden hilft. „Wir merken bereits, wie sich die Amerikaner in Stellung bringen, der Konflikt hat es in sich“, schlug Peter Hintze, der Luft- und Raumfahrtkoordinator der Bundesregierung, zum Messeauftakt Alarm.

Gemeinsam mit seinen Ressortkollegen sprach er sich für eine vorübergehende Aussetzung des umstrittenen europäischen Emissionshandels im Luftverkehr aus. Eine globale Lösung soll über die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation ICAO gefunden werden. Denn ähnlich wie in der Industrie hat die Europäische Union auch der Luftfahrt den Handel mit Verschmutzungsrechten verordnet. Trotz sparsamerer Flugzeuge bedeutet die rasante Steigerung des weltweiten Luftverkehrs auch eine Zunahme der Emissionen.

Doch der europäische Alleingang hat international Abwehrreaktionen provoziert. Angesichts offen angedrohter Vergeltung macht bereits das Wort Handelskrieg die Runde, die Europäer stehen zunehmend isoliert da. „Niemandem ist durch Maßnahmen gedient, die wir nicht durchsetzen können und mit denen wir einen Handelskrieg riskieren“, meinte Hintze.

Zugleich ist die Nachfrage nach verbrauchsarmen Flugzeugen ungebrochen – schließlich ächzen die europäischen Airlines auch wegen der hohen Treibstoffpreise unter knappen Margen. Auch Deutschlands Flugzeugflotte dürfte sich in den kommenden 20 Jahren verdoppeln – diese Prognose wagte Airbus zum Auftakt der ILA.

Von Ralf Krüger