Leben mit der Legende Heesters – RZ-Interview mit Simone Rethel

Johannes Heesters
Johannes Heesters und seine Frau Simone bei einem Konzert in Heesters' Heimatstadt Amersfoort. Foto: Fredrik von Erichsen

Zum 103. Geburtstag von Johannes Heesters 2006 hatte seine Ehefrau Simone Rethel einen großartigen Bildband zusammengestellt – wir sprachen damals mit der Schauspielerin und Autorin.

Lesezeit: 3 Minuten
Anzeige

Zum 103. Geburtstag von Johannes Heesters 2006 hatte seine Ehefrau Simone Rethel einen großartigen Bildband zusammengestellt – wir sprachen damals mit der Schauspielerin und Autorin.

„Ich werde 100 Jahre alt“, sang Johannes Heesters einst. Und es geschah so. „Eigentlich muss ich den Titel noch einmal aufnehmen: Ich werde 120 Jahre alt!“, scherzte der Sänger und Schauspieler bei der Gala zu seinem 103. Geburtstag. Stets an seiner Seite: Seine Ehefrau Simone Rethel-Heesters. Wir sprachen mit ihr über das Leben an der Seite einer Legende – und über das von ihr erarbeitete Fotobuch.

Simone Rethel macht kein Gewese um Wehwehchen und Tatsachen, die nun einmal so sind, wie sie sind. „Entschuldigen Sie, es kann sein, dass ich zwischendurch mal kurz meinem Mann helfen muss“, leitet sie das Telefoninterview ein. Denn: „Jopi ist mittlerweile fast blind, da muss ich ihm ein bisschen mehr helfen.“ Tatsächlich, das Gespräch wird öfters unterbrochen, wenn Johannes Heesters im Berliner Luxushotel nach seiner Simone ruft.

Frau Rethel-Heesters, Sie haben rechtzeitig zum 103. Geburtstag einen opulenten Fotoband über ihren Mann herausgebracht – warum eigentlich nicht zum 100.?

Das hätte gar nicht geklappt, damals hatten wir rund um den Geburtstag monatelang soviel zu tun. Das Projekt hatte ich schon lange vor – aber ich hätte nicht gedacht, dass es so zeitraubend sein würde.

Sie haben mehr als 1500 Fotos zusammengestellt – wo haben Sie die nur alle her?

Das war zuerst ganz einfach: Tausende Fotos hat mein Mann immer schon in seinem Archiv gesammelt, da kam es also eher auf das thematische Zusammenstellen an. Viele Fotografen haben mir unheimlich geholfen und einige sogar hilfsbereit auf ihre Rechte verzichtet.

Allein die Suche nach den Fotografen oder ihren Erben muss doch enorme Zeit verschlungen haben...

Hätte ich das vorher gewusst – ich hätte es wohl sein gelassen. Aber das war Bedingung meines Verlages: Um alle diese Dinge kümmerte ich mich selbst. Und manchem Foto lief ich monatelang hinterher – insgesamt habe ich mehr als zwei Jahre daran gesessen.

Sie haben es erwähnt: Das Buch ist nicht chronologisch aufgebaut, sondern in Themen gegliedert. Wie kamen Sie auf diese Idee?

Aus zwei Gründen: Mein Mann ist nicht nur über 100 Jahre alt, sondern auch über die meiste Zeit des langen Lebens ständig fotografiert worden. Man kann also die Geschichte eines Jahrhunderts und vieler Lebensbereiche anhand seiner Fotos zeigen.

Geben Sie uns ein Beispiel?

Nehmen Sie das Thema Automobile: Als mein Mann sich das erste Auto kaufte, war es ein absoluter Luxusgegenstand für wenige Privilegierte. Es folgen viele weitere Fotos quer durch die Zeit – und schließlich war Jopi der erste, der sich den neuen BMW-Mini in Deutschland kaufte.

Haben Sie bei der ganzen Recherche auch Fotos gefunden, die Sie völlig überrascht haben – also eine echte Neuentdeckung für Sie?

Ja! Ich bin überglücklich, dass ich endlich die Foto-Originale gefunden habe, die meinen Mann 1941 bei der Besichtigung des Konzentrationslagers Dachau zeigen. Ein Journalist hatte vor Jahren behauptet, Jopi sei dort aufgetreten, er könne das mit Fotos beweisen. Jetzt habe ich das originale Fotoalbum gefunden – und es zeigt keinen Auftritt meines Mannes.

Gab es auf diesen Fund schon Reaktionen?

Zum Glück, ja. Das war zum Beispiel ein Thema in Jopis Heimat Holland. Und dort werden jetzt seine Lieder nach vielen Jahren Schweigen wieder gespielt. Das freut ihn sehr.

Bevor Sie 1992 ihren 46 Jahre älteren Mann heirateten, hatten Sie eine schöne Karriere im Fernsehen – Sie könnten mittlerweile doch bestimmt TV-Kommissarin oder eine Seriengröße sein. Vermissen Sie es nicht?

Nein, gar nicht. In den ersten Jahren sind wir ja oft gemeinsam in Schauspielen aufgetreten – sehr lange und oft sogar. Und heute muss ich bei Jopis Auftritten natürlich auch immer dabei sein, da bleibt mir keine Zeit für eigene Tourneen oder ähnliches. Mein Mann bedauert das wirklich viel mehr als ich, aber das ist nun einmal so.

Die Schauspielerin Simone Rethel vermisst also gar nichts?

Das würde ich so auch wieder nicht sagen – schließlich bleibt man ja Schauspieler, auch wenn man gerade mal nichts macht. Sagen wir es so: Die Schauspielerin Simone Rethel ist in der Warteschleife. Und das macht mir gar nichts aus.

Das Gespräch führte Claus Ambrosius

  • Das Buch „Johannes Heesters. Ein Mensch und ein Jahrhundert“ mit mehr als 1500 Fotos auf 313 Seiten ist für 49,90 Euro bei Schwarzkopf und Schwarzkopf erschienen.