Koreakrieg wäre fast Atomkrieg geworden

Koreakrieg wäre fast Atomkrieg geworden
Inferno des Schreckens: Beim nächtlichen Abschuss einer 155-mm-Haubitze halten sich im Oktober 1952 US-Soldaten die Ohren zu. Der Koreakrieg wurde zu einer Menschen- und Materialschlacht. Millionen verloren ihr Leben. Die Zivilbevölkerung, die zwischen die Fronten geriet, litt entsetzlich. Unzählige Koreaner verloren ihre Heimat. Kinder hungerten. Familien wurden auseinandergerissen. Häufig konnten nicht einmal die im Krieg Verwundeten versorgt werden. Foto: dpa

Seoul/Pjöngjang – US-General McArthur wollte Nuklearwaffen gegen China einsetzen – Präsident Truman feuerte ihn – Heute ist der Waffengang der UNO eher peinlich Der Koreakrieg beunruhigte vor 60 Jahren die gesamte Welt. Viele Menschen befürchteten den Ausbruch eines „Dritten Weltkriegs“. Was kaum einer weiß: Die Auswirkungen dieses grauenhaften Konfliktes hatten für Deutschland ungewollt positive Seiten. Die Nachkriegswirtschaft erlebte einen rasanten Aufschwung.

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Seoul/Pjöngjang – US-General McArthur wollte Nuklearwaffen gegen China einsetzen - Präsident Truman feuerte ihn - Heute ist der Waffengang der UNO eher peinlich

Der Koreakrieg beunruhigte vor 60 Jahren die gesamte Welt. Viele Menschen befürchteten den Ausbruch eines „Dritten Weltkriegs“. Was kaum einer weiß: Die Auswirkungen dieses grauenhaften Konfliktes hatten für Deutschland ungewollt positive Seiten. Die Nachkriegswirtschaft erlebte einen rasanten Aufschwung.

So gern die Vereinten Nationen ihre eigene Geschichte feiern, an den Koreakrieg erinnert nichts im UN-Hauptquartier am New Yorker East River. Dabei war das dreijährige Blutvergießen der erste und bis heute beispiellose Krieg unter der hellblauen Flagge.

Die Feinde von damals - USA, Russland und China - sitzen heute im Weltsicherheitsrat und reden sich mit „Exzellenz“ an, der Konflikt wird von der jahrestagverliebten UN mit keinem Wort erwähnt. Der Krieg scheint einfach allen peinlich geworden zu sein.

Korea war nach dem Zweiten Weltkrieg geteilt wie Deutschland. Die Amerikaner hatten den Sowjets die Nordhälfte überlassen, der 38. Breitengrad trennte die Halbinsel wie der Eiserne Vorhang Europa. Als der kommunistische Norden im Sommer 1950 den Süden überfiel und rasch vorrückte, nutzte US-Präsident Harry Truman die gerade fünf Jahre alten UN. Und eine Panne der Sowjets.

Die Führung der UdSSR hatte, weil statt der kommunistischen Volksrepublik das kleine Taiwan den Sitz im Sicherheitsrat hielt, das mächtigste UN-Gremium boykottiert. Da die Kreml-Herrscher nicht da waren, konnten sie aber auch kein Veto einlegen. Gut einen Monat nach Kriegsausbruch wurde Resolution 85 angenommen, 21 Länder schickten Kampf- oder Sanitätseinheiten.

Neben Frankreich, Kanada, Großbritannien und Australien waren auch Belgien, die Niederlande, Griechenland, Kolumbien, ja selbst Luxemburg und Äthiopien dabei. Skandinavische Länder und Indien stellten immerhin noch Sanitäter.

Die Hauptmacht kam aber aus den USA. Dem brillanten, aber auch sturen und eitlen General Douglas MacArthur gelang es tatsächlich, die schon fast ganz Korea besetzt haltenden Truppen des Nordens zurückzuwerfen. Als die UN-Truppen sie schon nahe an die chinesische Grenze gedrängt hatten, griff Peking ein. Mehrere Hunderttausend „Freiwillige“ trieben die Alliierten wieder zurück.

MacArthur forderte von Truman, Atombomben gegen China einzusetzen. Als der General - der Bezwinger Japans gilt als höchstdekorierter Soldat in der amerikanischen Geschichte - nicht nachließ, feuerte Truman ihn.

Beide Seiten waren kriegsmüde. Von den 40 000 toten UN-Soldaten waren 90 Prozent Amerikaner. Aufseiten des Gegners starb vermutlich eine Million Soldaten. Die Zahl der toten Zivilisten ist doppelt so hoch. Der neue Präsident Dwight David Eisenhower erreichte nach gut drei Jahren Krieg den Waffenstillstand. Einen Friedensvertrag gibt es bis heute nicht.

Der Krieg gilt als typischer Stellvertreterkrieg. Dabei kämpften innerhalb der UN-Truppen vor allem die Amerikaner, und auf der Gegenseite waren nicht nur Hunderttausende Chinesen dabei. Auch Russen und selbst ein paar Polen flogen in chinesischen Uniformen und mit koreanischer Flagge auf ihren MiG-15 Jagdeinsätze gegen amerikanische Flugzeuge.

Der Krieg ist heute längst nicht so präsent wie etwa der Vietnamkrieg. Dennoch hatte er weltweite Auswirkungen. In Deutschland kam es wegen der Angst vor einem „Dritten Weltkrieg“ zu Hamsterkäufen. Tatsächlich forcierte der Konflikt aber den Kalten Krieg und damit die Wiederbewaffnung der beiden deutschen Staaten. Und weil US- Firmen für den Krieg produzierten, bestellten die USA in Übersee, vor allem im billigen Deutschland. Den Aufschwung, auf der anderen Seite der Erde durch einen Krieg in einem ebenfalls geteilten Land mitverursacht, nennt man heute „das Wirtschaftswunder“.

Chris Melzer