Koalitionsverhandlungen: Das große Ringen um die Maut

Am Tag der dritten großen Runde der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD hat sich die CSU weiter sicher gezeigt, dass die Pkw-Maut in Deutschland kommen wird. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt stellte am Rande der Verhandlungen selbstbewusst fest: „Die Maut wird kommen.“

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Von Heinz Krieger

Alle rechtlichen Voraussetzungen dafür seien geschaffen, meinte er. Dabei ist das Thema zwischen CDU und CSU weiter hochumstritten. Die Maut ist eine der drei großen M-Fragen, die über das Zustandekommen einer Großen Koalition entscheiden: Neben ihr gibt es da noch die Mütterrente (CDU) und den Mindestlohn (SPD). Die drei Parteien tragen diese Themen wie eine Monstranz vor sich her.

Ein führender Unionsvertreter befürchtet angesichts der Debatte um die Pkw-Maut schon eine Wiederholung des „Hotelsteuer-Effekts“: 2009 vereinbarten Union und FDP eine Mehrwertsteuersenkung für Hoteliers auf Übernachtungen – das fragwürdige Projekt, das ein kleines Randthema war, wurde ein großer Makel von Schwarz-Gelb. Deutschland wäre mit einer Pkw-Maut nicht allein. Fast alle europäischen Länder haben eine solche Gebühr für Personenwagen.

Teils wird die gefahrene Strecke bezahlt wie in Frankreich, teils gibt es eine Autobahn-Flatrate per Vignette. Ein Beispiel: Auf der Route von Düsseldorf bis zum spanischen Grenzübergang La Jonquera in den Pyrenäen entstehen nach Angaben des ADACRoutenplaners Kosten von 70,85 Euro. Bis Barcelona kommen dann noch einmal rund 40 Euro dazu. Aber nicht immer lohnen sich die Gebührenstrecken für die Betreiber.

Klassische Mauthäuschen in der Mehrheit

In allen europäischen Ländern rund ums Mittelmeer gibt es die Maut für Pkw. Insgesamt wird die Maut in 23 europäischen Ländern fällig. Überwiegend gibt es die „klassische“ Variante mit Mauthäuschen an der Autobahn, an dem in bar oder mit Kreditkarte der Betrag für eine bestimmte Strecke bezahlt wird. Auch in Frankreich, wo nahezu alle Autobahnen gebührenpflichtig sind – mit Ausnahme der Umfahrungen oder Stadtautobahnen wie in Paris, Lyon oder Marseille.

In Österreich gibt es das „Pickerl“, wie die Vignette genannt wird, zeitlich abgestuft für zehn Tage (8,30 Euro), zwei Monate (24,20 Euro) und das ganze Jahr (80,60 Euro). Allerdings kommen noch kräftige Nutzungsgebühren bei den besonders wartungs- und deshalb kostenintensiven Teilstrecken hinzu. So kostet zum Beispiel die Brennerautobahn noch einmal 8,50 Euro.

Schweizer Vignette In der Schweiz gibt es ein ähnliches System mit einer ein ganzes Jahr gültigen Vignette für 33 Euro oder 40 Franken. Sie soll demnächst auf 100 Franken verteuert werden. Aber da können die Schweizer mitreden. Den Volksentscheid dazu gibt es am 24. November. Gute Bilanz in Österreich Bringt die Autobahngebühr überhaupt etwas? In Frankreich offenbar schon. Und auch in Österreich, wo es ein vergleichbares Modell gibt, mit dem, was die CSU in den Koalitionsverhandlungen fordert.

Für die 2200 Autobahnkilometer in Österreich haben Inländer wie Ausländer im vergangenen Jahr etwa 1,6 Milliarden Euro über die mehr als 3,5 Millionen ausgegebenen Vignetten bezahlt. Die Betreiberfirma Asfinag hat dabei unter dem Strich einen Gewinn von 440 Millionen Euro gemacht. Die direkt mit Vignette, Ausgabe und Verwaltung anfallenden Kosten werden mit rund 100 Millionen angegeben.

Auch die Kontrollen gehören dazu. Wer ohne oder mit gefälschter Vignette erwischt wird, bezahlt gleich einmal 120 Euro und wird angezeigt.

Spanische Autopista in Konkurs

Was im kleinen Österreich mit wenigen Autobahnkilometern gut funktioniert, kann in anderen Ländern danebengehen. Beispiel ist das flächenmäßig riesige Spanien mit einem Autobahnnetz von 14.000 Kilometern. Für 3300 Kilometer „Autopista“ sind Betreiberkonzessionen an private Firmen vergeben worden. Die rechnen sich nicht immer. So hat erst im Oktober der Betreiber der Autobahn von Madrid nach Norden bis Guadalajara Insolvenz anmelden müssen. Und auch alle anderen Betreiber klagen.

Die Autobahn von Alicante nach Cartagena (AP 7) verzeichnet Jahr für Jahr ein Minus von 2 Prozent. Und im Norden meldet die Atlantikautobahn AP 9 in diesem Sommer Einnahmeverluste von 37.000 Euro täglich im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2008. Die Bezahlautobahnen wurden in den Boomjahren von 1998 bis 2004 von der konservativen Regierung gebaut. Damals waren sie voll. Jetzt nicht mehr. In der Krise spart der Spanier, wo es geht.

Je höher die Arbeitslosigkeit, desto leerer die Autobahnen. Das bestätigt eine Studie der Universität Granada und der Polytechnischen Universität Madrid. Ihr Fazit, mal unwissenschaftlich zusammengefasst: Wer in Jahren mit florierender Wirtschaft baut, bezahlt bei der nächsten Krise drauf.