Kaputte Straßen kosten Kommunen Milliarden

Rheinland-Pfalz/Berlin – Immer mehr Straßen gleichen Schotterpisten. Fast täglich müssen die Straßenmeistereien raus, um die schlimmsten Löcher zu flicken. Doch schon das könnte für viele Kommunen den Ruin bedeuten.

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Mit gut 3,5 Milliarden Euro Mehrkosten müssen die Kommunen für Winterdienst, Frühjahrsputz und die Reparatur der Frostschäden in diesem Jahr rechnen. Allein die Beseitigung der Schlaglöcher wird nach Einschätzung von Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, mindestens 2,3 Milliarden Euro kosten. Der ADAC geht nach vorläufigen Schätzungen sogar von mehr als drei Milliarden Euro aus. Für Rheinland-Pfalz rechnet der Gemeinde- und Städtebund nach Angaben seines Geschäftsführers Winfried Manns mit Kosten von mindestens 200 Millionen Euro.

Wie prekär die Lage ist, belegt eine Untersuchung des Automobilclubs ACE: Von den bundesweit fast 400 000 Kilometern kommunaler Straßen sind mehr als 64 000 Kilometer „dringend sanierungsbedürftig“. Der TÜV Rheinland schätzt, dass 30 bis 40 Prozent aller Straßen in Deutschland durch den Winter „stark geschädigt“ sind.

„Jetzt bekommen die Kommunen die Rechnung dafür präsentiert, dass sie ihre Straßen über Jahre hinweg vernachlässigt haben“, sagt der ADAC-Vizepräsident für Verkehr, Ulrich Klaus Becker. Der ADAC beziffert den jährlichen Finanzbedarf für den kommunalen Straßenbau mit mindestens acht Milliarden Euro; tatsächlich investiert wurden aber weniger als fünf Milliarden Euro. Der Verband fordert, die Straßenschäden nachhaltig zu beseitigen, keine Flickschusterei zu betreiben. Es genüge nicht, einfach mit Hinweisschildern auf die Schäden aufmerksam zu machen - nur um der gesetzlichen Verkehrssicherungspflicht gerecht zu werden.

Bis zu 25 Milliarden Euro sind nach Berechnungen des ACE zur Behebung aller Straßenschäden nötig. Dass die Kommunen - angesichts eines Schuldenbergs von gut 110 Milliarden Euro - solche Summen stemmen können, bezweifelt Landsberg. Er erwartet Hilfen vom Bund für die Kommunen.

In Rheinland-Pfalz wird erst im April abschließend Bilanz der Frostschäden gezogen - wenn der Winter endgültig vorbei ist. Schon jetzt will das Land laut Verkehrsminister Hendrik Hering (SPD) rund 12 Millionen Euro für die Beseitigung der Schäden auf Bundes-, Landes- und Kreisstraßen bereitstellen. Im Winter 2008/2009 waren es rund 7,8 Millionen Euro.

Wie sehr das Problem die Menschen beschäftigt, konnte er jüngst in Wallmerod (Westerwald) erfahren. Gärtnermeister Wolfgang Pörtner (46) übergab ihm einen Sack voll Schotter, den er von der Straße vor dem Kindergarten gesammelt hatte: „Wer übernimmt die Verantwortung, wenn ein solcher Stein eines der Kinder trifft?“ Und auch der Nahverkehr leidet: „Schlaglöcher machen den Busfahrern zu schaffen, die die Fahrgäste ja nicht nur sicher, sondern auch möglichst komfortabel zu den Zielen bringen wollen“, sagt Michael Theurer, Pressesprecher der Mainzer Stadtwerke.

Dass es zu Schlaglöchern kommt, liegt übrigens nicht an den Minustemperaturen, sondern am Wechsel kalter und warmer Phasen. Bei Frost gefriert Wasser unter der Fahrbahndecke und vergrößert so sein Volumen. Schmilzt es wieder, entstehen Hohlräume unter dem Oberbau. Der büßt seine Tragfähigkeit ein und erodiert.

Christian D. Thomas