München

Justiz: NSU-Prozess verzögert sich erneut

Mit verschränkten Armen, als ginge es um einen Geschäftstermin: die Angeklagte Beate Zschäpe beim Prozessauftakt im Gerichtssaal in München
Mit verschränkten Armen, als ginge es um einen Geschäftstermin: die Angeklagte Beate Zschäpe beim Prozessauftakt im Gerichtssaal in München Foto: DPA

Neue Verzögerung zum Auftakt des spektakulären NSU-Prozesses: Die Verhandlung um die beispiellose Mordserie der Neonazi-Terrorgruppe ist schon am ersten Tag für eine Woche unterbrochen worden. Grund sind Befangenheitsanträge der Verteidigung. Als mutmaßliche Mittäterin hatte erstmals Beate Zschäpe auf der Anklagebank Platz genommen, aber wie angekündigt geschwiegen.

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Wegen des Streits um die Presseplätze startete der Prozess ohnehin fast drei Wochen später als geplant, nun geht es erst am 14. Mai vor dem Münchner Oberlandesgericht weiter. Neben Zschäpe müssen sich vier mutmaßliche Helfer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in dem Prozess verantworten, der als einer der bedeutendsten in der Geschichte der Bundesrepublik gilt. Zschäpe soll zusammen mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos den NSU gebildet haben, der für insgesamt zehn Morde zwischen 2000 und 2007 verantwortlich gemacht wird. Ihr droht lebenslange Haft.

Ihre beiden Komplizen hatten sich im November 2011 selbst getötet, um einer Festnahme zu entgehen. Rund um das Strafjustizzentrum herrschten massive Sicherheitsvorkehrungen, Hunderte Polizisten waren im Einsatz. Von den rund 80 zugelassenen Nebenklägern nahmen 24 am Prozessauftakt teil.

Die Nebenkläger werden von etwa 60 Anwälten vertreten. Das Verfahren begann mit fast halbstündiger Verspätung – und wurde schon wenig später unterbrochen. Grund war ein Befangenheitsantrag von Zschäpes Verteidigern gegen den Vorsitzenden Manfred Götzl wegen dessen Anordnung, die Verteidiger anders als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Polizeibeamte und Justizbedienstete vor Betreten des Sitzungssaals durchsuchen zu lassen.

Ein Nebenklagevertreter warf den Verteidigern vor, den Prozess um die „schrecklichsten Verbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte“ zu verzögern. Auch die Verteidiger des Angeklagten Ralf Wohlleben stellten Befangenheitsanträge gegen Götzl sowie zwei weitere Richter. Anwalt Olaf Klemke begründete den Antrag unter anderem damit, dass ein dritter Pflichtverteidiger für Wohlleben vom Gericht abgelehnt worden sei. Die Verhandlung wurde daraufhin erneut für einige Minuten unterbrochen.

Der Senat stellte beide Anträge zurück – und vertagte den Prozess auf kommenden Dienstag. Somit konnte bisher auch die Anklageschrift noch nicht verlesen werden. Zwei Verhandlungstage in dieser Woche wurden gestrichen. Die Neonazis des NSU sollen zwischen 2000 und 2007 acht türkischstämmige und einen griechischstämmigen Kleinunternehmer sowie eine deutsche Polizistin ermordet haben. Zudem wird der NSU für zwei Sprengstoffanschläge und etliche Banküberfälle verantwortlich gemacht.

Der ehemalige NPD-Funktionär Wohlleben sowie Carsten S. sind wegen Beihilfe zum Mord angeklagt. Sie sollen die Pistole besorgt haben, mit der neun Morde verübt worden waren. André E. und Holger G. wird die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.